Isarvorstadt:Markante Akzente

Schmale Säulen, außergewöhnliches Dach: Der Neubau an der Erhardtstraße 10 muss sich trotzdem in die vorhandenen städtebaulichen Strukturen einfügen

Von Alfred Dürr, Isarvorstadt

Die teilweise reich verzierten Fassaden der Altbau-Wohnhäuser prägen das Bild der Erhardtstraße am Isarufer in der Innenstadt. Nun gesellt sich zu diesem historischen Ensemble ein weiterer moderner Nachbar. In den ersten Monaten des kommenden Jahres wird das Haus Nummer 10 abgerissen. Mit zeitgemäßen Stilelementen und einem hohen Anspruch an die Architektur soll sich der neue Komplex in die Zeile einfügen.

Aber nicht nur baulich wird sich dieser Ort verändern. Es ist etwas mehr als ein Jahr her, da ging es auf dieser Seite der Zeitung unter dem Titel "Wo der Bagger die Heimat frisst" um Veränderung und Gentrifizierung, speziell in den Innenstadtvierteln. Die Erhardtstraße 10 war dafür ein typisches Beispiel. Das Erscheinungsbild des nach Kriegszerstörungen wiederaufgebauten Wohnhauses zwischen der Cornelius- und der Fraunhofertraße ist bisher unauffällig: Ein Erker zieht sich über mehrere Geschosse, ansonsten präsentiert sich die Fassade glatt und schmucklos. Einige Mieter lebten seit Jahrzehnten zu günstigen Konditionen in dem schlichten Haus. Nach dem Tod des Besitzers verkauften die Erben das Gebäude. Damit die Mieter ausziehen, bekamen sie durchaus stattliche Abfindungen. Eine neue Bleibe zu finden, war aber für sie nicht leicht. Man habe eine "einvernehmliche Lösung" zwischen allen Beteiligten erzielt, sagt nun der neue Besitzer, Stefan Höglmaier, Chef des Immobilienentwicklers Euroboden.

Die Neuplanungen liefen an: Statt der bisher sieben Wohnungen soll ein Komplex mit 25 Wohnungen entstehen - im Luxussegment. 2020 soll das Projekt, das in den rückwärtigen Bereich hineinragt und aus vier miteinander verbundenen Teilen besteht, fertig sein.

Die Architektur spielt in diesem Fall eine zentrale Rolle, weil es sich um eine spezielle städtebauliche Situation handelt. An der Erhardtstraße stehen nicht nur die relativ gut erhaltenen und großbürgerlich anmutenden Altbauten, sondern auch der mächtige Büroriegel des 1979 fertig gestellten Europäischen Patentamts. Eine ganze Mietshaus-Zeile war damals diesem Gebäude geopfert worden. Außerdem prägen die Bauten des Deutschen Museums das Bild der Uferstraße. Für Diskussionen haben die neuen "Glockenbachsuiten" an der Ecke zur Fraunhoferstraße gesorgt, ein hoch aufragender, glatter Block mit großen Fensterfronten vor teuren Wohnungen. Bei Protestaktionen wurde gerade dieses Projekt zu einem Symbol für die Gentrifizierung Münchens gemacht.

Stefan Höglmaier sagt zu seinem Bauvorhaben an der Erhardtstraße 1o: "Wir wollen keine Lochfassade mit mächtigen Öffnungen." Seine architektonische Vision sei es, zusammen mit dem Berliner Büro Thomas Kröger Architekten "den Charakter dieser einzigartigen historischen Straßenzeile am Isarufer zu bewahren" und dabei die überwiegend unter Denkmalschutz stehenden Häuser mit ihren unterschiedlichen Höhen und Qualitäten in die gestalterischen Planungen einzubeziehen. Kröger habe sich vor allem durch seinen "klaren und feinsinnigen Umgang mit Privathäusern, Kunstgalerien und Museumsbauten hervorgetan", lobt der Investor.

Gemeinsam erläuterten sie ihr Konzept im Bezirksausschuss und vor der Stadtgestaltungskommission. Wesentliches Merkmal des Neubaus sei, dass die Elemente der benachbarten historisierenden Fassaden mit ihren Gliedrungen aufgegriffen und in eine "zeitgemäße Form" übersetzt werden. Struktur bekomme die Fassade zum Beispiel durch schmale Säulen und einen außergewöhnlichen Dachaufbau. In diesem ist genügend Platz für eine sich über drei Etagen erstreckende Penthouse-Wohnung mit Dachterrasse.

Die spezielle Ausformung dieser Dachlandschaft lieferte den Lokalpolitikern und den Experten der Stadtgestaltungskommission Diskussionsstoff. Im Grundsatz gab es schließlich breite Zustimmung zu diesem nicht ganz leichten Balanceakt: Das Projekt fügt sich einerseits in vorhandene Strukturen ein, setzt allerdings durch die Gestaltung auch markante Akzente.

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