Isarvorstadt:Kahlschlag auf der Museumsinsel

Isarvorstadt: Mit schwerem Gerät: Vor allem die Weiden wurden auf der Museumsinsel entfernt, damit sich bei Hochwasser kein Treibgut verfangen kann.

Mit schwerem Gerät: Vor allem die Weiden wurden auf der Museumsinsel entfernt, damit sich bei Hochwasser kein Treibgut verfangen kann.

(Foto: Bund Naturschutz)
  • Am Ufer der Museumsinsel sind zahlreiche Weiden abgeholzt worden.
  • Umweltschützer schlagen Alarm: Das Rückzugsgebiet von Vögeln und Feldermäusen sowie das Revier eines Bibers seien zerstört.
  • Laut Münchner Baureferat werden die Sträucher jedes Jahr zurückgeschnitten oder entfernt - in erster Linie aus Gründen des Hochwasserschutzes.

Von Ramona Drosner und Franziska Gerlach

Es sieht wüst aus am Ufer der Museumsinsel. Wer vor dem Deutschen Museum steht und links über das Brückengeländer der Zenneckbrücke schaut, sieht nichts weiter als nackte, durchwühlte Erde. Ein einziger Strauch, mit einem Absperrband markiert, ist neben ein paar meterhohen Pappeln am Ufer zu finden. Ein Stück flussabwärts stehen die Sträucher und Weiden noch dicht, es lässt sich erahnen, wie lebendig das Ufer vor dem Kahlschlag Anfang Februar ausgesehen haben muss.

Manfred Siering, Vorstandsmitglied der Kreisgruppe München des Bund Naturschutzes, ist von den Weidenschnittmaßnahmen der Stadt entsetzt: "Die haben mit der Planierraupe alles platt gemacht, eine typisch städtische Billigmaßnahme!" Neben dem Biber, "Münchens Aushängeschild", seien auch Vögel und Fledermäuse gefährdet, die in den Baumhöhlen der Sträucher und kleinen Bäume Schutz finden: "Ein ökologisches Refugium der Artenvielfalt wurde zerstört."

"Dem Biber geht es gut"

Nicht nur der Bund Naturschutz ist über die Maßen beunruhigt. Auch die Grünen-Politiker der Stadt schlagen Alarm ob der Vorkommnisse auf der Museumsinsel. Und die Anwohner zeigen sich irritiert: Von Rodungsaktionen und Hauruckverfahren ist die Rede, es gab sogar Gerüchte, der Biber sei ums Leben gekommen.

"Dem Biber geht es gut", betont die Sprecherin des Baureferates, Dagmar Rümenapf. Er bewohne noch immer sein Revier, am Donnerstag seien frische Bissspuren gesichtet worden. Die Biberburg befinde sich im Übrigen nördlich der Zenneckbrücke, die Arbeiten hätten sein Zuhause nicht berührt. Seine Bauten seien intakt, auch finde er nach wie vor genügend Nahrung vor der Haustür. Bevor die Arbeiter der Stadt anrückten, fand eine Begehung statt, an der auch ein Ökologe teilgenommen habe, der zugleich dem Landesbund für Vogelschutz angehört. Auch der Biberbeauftragte der Stadt sei eingebunden gewesen. Überhaupt seien keine Bäume gefällt, sondern Weiden - also Sträucher - entfernt worden, teilt das Baureferat mit. "Die wurden teilweise zurückgeschnitten, teilweise rausgezogen", sagt Rümenapf. Diese Maßnahmen erfolgten jedes Jahr und dienten in erster Linie dem Hochwasserschutz. Denn steigt das Wasser in der Isar, muss das Kiesbett frei von "intensivem Bewuchs" sein, in dem sich etwa Treibgut und dergleichen verfangen könnte.

Hat die Stadt sich an die Absprachen gehalten?

Siering sieht das anders: "Die Begründung mit dem Hochwasserschutz ist doch Käse." Sträucher am Fluss bremsten das Wasser eher, eine akute Hochwassergefahr aufgrund von antreibenden Bäumen sei seit dem Bau des Sylvensteinspeichers in den Fünfzigerjahren sehr unwahrscheinlich. Die Eigendynamik von Seiten des städtischen Baureferates, ohne Absprache "alle paar Jahre alles wegzuforsten", ärgere ihn. Der Naturschützer befürchtet, dass sich die Behörde nicht an die Absprache mit dem Bund Naturschutz gehalten und auch die mit Bändern markierten, geschützten Weiden gefällt habe. Der Ornithologe ist in Rage, gibt aber zu, dass er nicht weiß, wie viele der seltenen Lavendel- und Mandelweiden einmal auf der kahlen Stelle gestanden haben. Rümenapf hingegen ist sich sicher, dass diese nicht angetastet worden seien. Im Übrigen seien Weiden bekannt dafür, wieder sehr schnell nachzuwachsen.

Für Siering ist das ein schwacher Trost. Er deutet auf das Schulgebäude auf der anderen Isarseite, gegenüber dem Deutschen Museum: "Dort habe ich schon als Junge oft am Fenster gesessen und mich über das erste Zwitschern der Blaumeisen im Frühjahr gefreut." In zwei bis drei Wochen sei es wieder so weit - doch diesmal wird es still sein.

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