Isarvorstadt:Die Sprache der Nachbarn

Isarvorstadt: In der Kindertagesstätte an der Müllerstraße geht es nicht nur lustig, sondern auch international zu.

In der Kindertagesstätte an der Müllerstraße geht es nicht nur lustig, sondern auch international zu.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Vorschüler in städtischen Kitas singen und spielen neuerdings auch auf Französisch

Von Astrid Benölken, Isarvorstadt

"Quesqu'on fait aujourd'hui?", fragt Silvie Masson und blickt fragend zu Mimi. "On chante", ruft Mimi und wippt dabei mit ihrem rosa Schwanz. "Wir singen", übersetzt Silvie Masson für die Kindergartenkinder an der Müllerstraße, denn Mimi kann nur Französisch sprechen, die Kinder der Gruppe vor allem Deutsch. Mimi ist eine Maus - eine Französisch sprechende Handpuppen-Maus. Mit ihrer Hilfe sollen knapp 20 Kinder der Tagesstätte an der Müllerstraße Französisch lernen. Seit November 2014 laufen diese Französisch-Schnupperkurse in städtischen Kitas als Pilotprojekt zwischen Stadt und Institut Français. Derzeit üben etwa 160 Kinder in acht verschiedenen Einrichtungen die Sprache. Zu Beginn habe es oft geheißen, die Kooperation sei ein "Luxusprojekt", weil Französisch als Sprache des Bildungsbürgertums gelte, berichtet Eleonore Hartl-Grötsch, Betriebsleiterin der städtischen Kindertageseinrichtungen. "Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir dieses Projekt machen: Bildung ist schließlich ein Grundrecht."

Zwei Mal in der Woche kommt Silvie Masson in die Kindertagesstätte Müllerstraße, dann singen, malen, kleben und werkeln alle gemeinsam. Mimi und Masson reden dabei größtenteils Französisch, die Kinder hören zu, sprechen nach, fallen manchmal auch wieder ins Deutsche zurück. "Die Kinder müssen nicht unbedingt Französisch sprechen, sie sollen Spaß haben", sagt Masson. "Wenn sie auch nur zwei Wörter pro Kurs lernen, ist das super." Den Initiatoren des Projekts geht es um mehr als den frühen Spracherwerb. Das Projekt soll schon bei den Kleinen das Gefühl wecken, dass Frankreich ein Nachbar, mehr noch, ein guter Freund sei, sagt Jean-Claude Brunet, französischer Generalkonsul: "Europa beginnt mit den Kindern und der Jugend."

Bereits jetzt gibt es verschiedene weitere Projekte wie Sprachkurse für die Jüngsten beim Institut Français und die "Kinderkiste", einen Materialkasten für deutsche und französische Kindergärten, mit dem die Kleinsten die jeweils andere Sprache erlernen sollen. Dennoch erhoffen sich die Verantwortlichen noch mehr Unterstützung von der Politik. Bei dem in diesem Jahr initiierten bayernweiten Projekt "Bilinguale Grundschule" etwa hätte sich Christine Fourcaud vom Institut Français doch sehr gewünscht, dass "bilingual" nicht per se deutsch-englischer Unterricht heißen muss: "Was ist denn mit Französisch?"

In der Kindertagesstätte an der Müllerstraße ist man dagegen voll in der französischen Partnerschaft aufgegangen: An der Decke dümpeln Girlanden in schwarz-rot-gelb und blau-weiß-rot, an der Wand hängt, ein klein wenig schief gemalt, ein blassrosa Eiffelturm . "Drauß'n is so huscherlkalt, der Nikolo, der kimmt scho bald," singen die Buben und Mädchen zum Abschluss. Es scheint, man habe sich in der Müllerstraße das Ziel gesetzt, den Kindern gleich noch eine weitere Fremdsprache beizubringen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: