Interview:Schule macht Stress

Interview: Asya Unger, 29, hat in Lüneburg Nachhaltigkeitswissenschaft studiert und ist Nachhaltigkeitsbeauftragte beim Kreisjugendring. Am Samstag leitet sie den Aktionstag "Mach mal langsam - Entschleunigung erfahren".

Asya Unger, 29, hat in Lüneburg Nachhaltigkeitswissenschaft studiert und ist Nachhaltigkeitsbeauftragte beim Kreisjugendring. Am Samstag leitet sie den Aktionstag "Mach mal langsam - Entschleunigung erfahren".

(Foto: privat)

Warum der Kreisjugendring Kindern Entschleunigung beibringt

Interview von Melanie Staudinger

Klavier, Golf, Fußball und Karate: Kinder haben heute oftmals ein Nachmittagsprogramm, das dem Terminkalender eines Managers gleicht. Der Kreisjugendring München-Stadt will Sechs- bis 18-Jährigen zu mehr Entspannung verhelfen. Warum das nötig ist, erklärt Mitarbeiterin Asya Unger.

SZ: Ein Aktionstag zur Entschleunigung für Sechsjährige? Ist das wirklich nötig?

Asya Unger: Wir haben tatsächlich das Gefühl, dass ein solches Angebot sinnvoll ist. Studien haben herausgefunden, dass schon Siebenjährige den Begriff Stress in eigenen Worten beschreiben können. Sie fühlen sich regelmäßig gestresst. Das finde ich durchaus beunruhigend.

Woran liegt das?

Für jedes dritte Kind ist die Schule der Hauptstressfaktor. Gerade Drittklässler leiden sehr, offenbar weil sie Angst haben, es nicht aufs Gymnasium zu schaffen. Erst nach der Schule spielen Ärger und Streit als Stressfaktor eine Rolle. Eltern stehen in der Reihenfolge eher weiter hinten.

Obwohl die oft für den Stress verantwortlich sind?

Viele Eltern wollen nur das Beste für ihr Kind. Durch die hohen Ansprüche baut sich aber ein immenser Druck auf. Kinder haben häufig auch außerhalb der Schule kaum Zeit, in der sie machen können, was sie wollen. Eltern bieten ein breites Programm, um sie optimal zu fördern.

Nichts tun ist nicht erlaubt?

Genau. Wenn Kinder aber unter Stress leiden, wirkt sich das negativ aus. Sie fühlen sich unwohl, essen ungesünder. Kinder können nur bewusster leben, wenn sie wissen, wie sie sich entspannen können. Dann bleiben sie auch gesünder.

Man muss lernen, entspannt zu leben?

Ich glaube schon. Die Situation, in der Kinder aufwachsen, prägt. Wer gewohnt ist, dass nur Leistung zählt, wird wahrscheinlich auch als Erwachsener nach diesem Prinzip leben. Viele haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie mal nichts tun, weil sie das Gefühl haben, Zeit zu verschwenden. Wer als Kind hingegen lernt, dass das Abschalten normal ist, tut sich leichter.

Und wie bringen Sie das den Kindern bei?

Mit klassischen Angeboten wie Yoga. Dabei lernen die Kinder, ihren Körper bewusst wahrzunehmen. Beim Sinnesparcours oder Klangschalenworkshop bekommen sie ein besseres Gefühl für sich und ihre Umwelt. Zudem sollen die Kinder nichts tun dürfen, im Liegestuhl liegend Musik hören oder sich mit Freunden unterhalten. Den Kleineren lesen wir Geschichten vor. Dabei können sie einen Hund streicheln.

Der Aktionstag findet statt am Samstag, 9. Mai, von 15 bis 19 Uhr im Jugendzentrum "Das Laimer", Von-der-Pfordten-Straße 59. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung nicht nötig.

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