Institut in Martinsried:Zu kalt für Krokodile

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Ein LMU-Professor steht vor Gericht, weil er die Versuchstiere in seinem Institut in Martinsried nicht artgerecht gehalten hat.

Christian Rost

Der Professor ging davon aus, dass seine 51 Krokodile und Schlangen in den Labors der Ludwig-Maximilians-Universität in Martinsried gar nicht so schlecht aufgehoben waren. "Ich habe mehrere Reptilienhaltungen an anderen Universitäten gesehen", sagte Johannes S., "unsere empfand ich als mustergültig." Das war aber keineswegs der Fall, wie Veterinäre des Landratsamtes bei ihren drei Besuchen am "Institut für Funktionelle Morphologie der Tiere" feststellten.

Obwohl das Institutsgebäude im Münchner Westen relativ neu ist, fielen die Terrarien und Aquarien bei den Kontrollen der Tiermediziner im Oktober 2009 komplett durch. Und ein Teil der Reptilien war in einem derart bedauernswerten Zustand, dass sogar die Staatsanwaltschaft gegen den Lehrstuhlinhaber wegen des Missbrauchs von Wirbeltieren in 51 Fällen zu ermitteln beginnt.

Am Mittwoch musste sich der 51-Jährige wegen der Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vor dem Münchner Amtsgericht verantworten. Gleich zum Prozessauftakt gestand er, dass die Reptilien unter seiner Obhut tatsächlich nicht artgerecht versorgt und gehalten worden waren. Er machte aber vor allem die Geldknappheit an der Universität und organisatorische Missstände dafür verantwortlich.

Der Biologe und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter haben sich die 25 Nilkrokodile, 16 Königspythons und zehn Eierschlangen angeschafft, um an ihnen das Herz-Kreislauf-System wechselwarmer Tiere zu erforschen. Dabei handele es sich nicht um Tierversuche mit schmerzhaften Eingriffen, die Reptilien seien lediglich per Ultraschall untersucht worden, berichtete S.

Bei den Eierschlangen noch in Ordnung

Angeblich hatte die Universität seinem Fachbereich aber nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt, um die Tiere angemessen unterbringen zu können. Der Professor will bei der Campusleitung vergeblich einen Antrag auf Zuschüsse gestellt haben. Und er habe selbst versucht, die Klimaanlage in den Labors abzuschalten, weil die ständig heruntergekühlte Raumtemperatur den Tieren nicht guttat.

Laut Staatsanwalt Christoph Barthe war es sogar bedeutend zu kalt für sie: Die Lufttemperatur in den Terrarien der Pythons lag statt der erforderlichen 34 bis 38 Grad Celsius nur bei 28,1 Grad. Bei den Eierschlangen war die Temperatur zwar gerade noch in Ordnung.

Drei Schlangen seien aber bis zur Auszehrung abgemagert gewesen, so Barthe. Und die 25 Krokodile wurden "in zu kleinen Aquarien bei permanent zu niedrigen Temperaturen ohne Sonnenplätze und UV-Licht sowie in einer reizlosen Umgebung" gehalten.

Weil die Tiere gelitten hätten, wollte sich der Ankläger nicht auf den Vorschlag von Richterin Ulrike Hahn einlassen, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Die Staatsanwaltschaft zielt auf eine saftige Geldstrafe ab.

Vor einem Urteil muss jedoch ein neues Gutachten eingeholt werden, das klärt, wie sehr die Tiere tatsächlich gelitten haben. Die Krokodile und Schlangen sind dem Institut entzogen worden und jetzt in der Reptilienauffangstation untergebracht.

© SZ vom 19.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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