Innenstadt:Willkommen zum Baustellen-Hopping

Saugbagger auf der Baustelle Marienhof

Der Marienhof ist schon eine Großbaustelle und bleibt das auch noch einige Jahre. Weitere kommen dazu, etwa am Haupt- und Ostbahnhof.

(Foto: Florian Peljak)

Händler und Politik versuchen, den vielen Bauvorhaben in der City Positives abzuringen

Von Andreas Schubert

Der Marienhof hinter dem Rathaus wird bis mindestens 2026 eine Baustelle bleiben. Im Sommer stellt die Bahn einen 4,50 Meter hohen Lärmschutzzaun auf, nächstes Jahr wird der Tiefbahnhof ausgegraben. Und den Geschäftsleuten in der Innenstadt bleibt nichts andere übrig, als sich damit zu arrangieren. Mehr noch: Beim SPD-Wirtschaftforum kam am Montag sogar die Idee auf, die Großbaustelle als etwas zu begreifen, das sich vermarkten lässt.

Michaela Pichlbauer, die Vorsitzende der Rid-Stiftung, deren Sitz am Marienhof ist, schlug vor, aus der Not eine Tugend und aus den Baustellen "etwas Cooles" zu machen. Sprich: Besucher der Innenstadt sollen nicht abgeschreckt, sondern im Gegenteil davon angezogen werden. Die Idee einer "Erlebnisbaustelle" findet auch Wolfgang Fischer, Geschäftsführer des Vereins City Partner, gut. Wie und ob sich so etwas realisieren lässt, etwa mit Aussichtspunkten auf die Baugrube, wird noch zu klären sein. Dass Baustellen eine gewisse Anziehungskraft haben können, hat sich auch in der Vergangenheit gezeigt. Daran erinnerte Alexander Reissl, Fraktionschef der Rathaus-SPD. Als in den Sechzigerjahren die halbe Stadt für den Bau von S- und U-Bahn aufgegraben war, blieben viele Menschen fasziniert vor den Baugruben stehen, das sei auch auf alten Fotos zu sehen.

Gelänge es irgendwie, Baustellen als Touristenattraktion zu verkaufen, gäbe es in der Stadt viel zu sehen. Denn München ist voll davon. Etwa 20 000 Baustellen sind es pro Jahr. Dazu zählen kleinere Maßnahmen, die nach ein paar Tagen erledigt sind und von den meisten Menschen kaum wahrgenommen werden, aber auch die ganz großen wie eben am Marienhof sowie bald auch am Haupt- und am Ostbahnhof.

Auch wenn die Idee des Baustellen-Tourismus charmant klingt: Ein Ärgernis bleiben die Maßnahmen für Anlieger und Besucher in vielen Fällen doch. Die Politik kann Baustellen aber weder verhindern noch verschieben, wie es Alexander Reissl darstellt. Nicht zuletzt deshalb hat die Stadt 1992 im Baureferat die Abteilung Baustellenkoordination eingerichtet, damit verschiedene Baumaßnahmen geordnet ablaufen. Beispiel: Wenn in derselben Straße verschiedene Leitungen verlegt werden müssen, achtet Baustellenkoordinator Stefan Bauer darauf, dass die Straße wegen dieser verschiedenen Maßnahmen nicht mehrmals aufgegraben wird, was früher durchaus der Fall war. Bauer hat den Posten Anfang des Jahres übernommen und dient als Schnittstelle und Ansprechpartner für die verschiedenen Bauträger und auch für Anlieger. Das Baureferat informiert auch im Internet regelmäßig über aktuelle Bauvorhaben.

Wolfgang Fischer plädiert für ein Miteinander von Bauträgern und Händlern. "Wir sitzen alle miteinander in einem Boot", sagt er. Und im Prinzip, sagt er, seien Baumaßnahmen für eine Stadt ja nichts Schlechtes, zeigten sie doch, dass hier investiert wird. Gerade das aktuelle Projekt der Stadtwerke, neue Fernkälteleitungen im Zentrum zu verlegen, sei eine tolle Sache. Aber die Ladenbesitzer müssten schon erfahren, was vor ihrer Tür passiere, das sei nicht immer der Fall, zum Beispiel dann, wenn ein Vermieter seine Pächter nicht über Baumaßnahmen vor der Haustür informiere. Hier helfe City Partner mit Infoveranstaltungen für Anlieger.

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