Innenstadt:Stiefkind der Stadtplanung

Innenstadt: "Ein Platz für alle" nennen die angehenden Landschaftsarchitekten ihre Aktion. Die zentrale Frage am Max-Joseph-Platz ist: Wohin soll der Autoverkehr?

"Ein Platz für alle" nennen die angehenden Landschaftsarchitekten ihre Aktion. Die zentrale Frage am Max-Joseph-Platz ist: Wohin soll der Autoverkehr?

(Foto: Illustration: Sara Schnelle)
  • Er könnte der schönste Ort in der Innenstadt sein: der Max-Joseph-Platz vor Residenz und Nationaltheater.
  • Doch stattdessen gibt es hier seit Jahrzehnten ein beispielloses städtebauliches Durcheinander.
  • Nun legen Studenten der Technischen Universität München (TUM) Vorschläge zur Neugestaltung des Platzes vor: Sie würden den Verkehr verbannen und stattdessen Künstlerateliers ansiedeln.

Von Alfred Dürr

Er könnte der schönste Ort in der Innenstadt sein: der Max-Joseph-Platz vor Residenz und Nationaltheater. Das Residenztheater und die Oper, der Königsbau der Residenz, die zum prächtigen Palais modernisierte ehemalige Hauptpost und die Zeile mit Bürgerhäusern bilden ein herausragendes und stadtbildprägendes Ensemble. Doch statt italienischen Piazza-Gefühls gibt es hier seit Jahrzehnten ein beispielloses städtebauliches Durcheinander. Quer über den Platz fahren Autos oder direkt vor der Oper parken und rangieren die Busse. Am Rand herrscht ein hässliches Sammelsurium von Radwegen, Verkehrsschildern und sonstiger "Straßenmöblierung". Nun legen Studenten der Technischen Universität München (TUM) Vorschläge zur Neugestaltung des Platzes vor.

Angehende Landschaftsarchitekten haben sich im Rahmen ihrer Bachelor-Abschlussarbeit im vergangenen Semester Gedanken über einen besseren Max-Joseph-Platz gemacht. Beklagt wird seit Langem, dass quer über das Areal die Zu- und Abfahrt zur Tiefgarage verläuft. Passiert ist bislang nichts. Mitte März wollen die Staatsoper und die TUM gemeinsam die Entwürfe präsentieren. Verbunden ist die Initiative mit der Hoffnung, dass der Max-Joseph-Platz nicht länger wie ein ungeliebtes Stiefkind der Stadtplanung behandelt wird. Von den Vorschlägen soll ein Impuls ausgehen, so der Wunsch von Uni und Oper: Stadt und Freistaat müssen endlich den Umbau des Platzes in die Wege leiten.

Angefertigt wurden die Arbeiten am Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und die Entwicklung von öffentlichen Räumen von Professorin Regine Keller. Sie gilt als eine der herausragenden Vertreterinnen ihres Fachs und als prominenteste Professorin für Landschaftsarchitektur in Deutschland. In München ist sie zusammen mit ihrem Büro mit einer Reihe von Projekten, etwa im Olympiadorf oder am Vogelweideplatz, vertreten.

Stadt hat keine Konzepte für Neugestaltung

Wie zu hören ist, hat Opern-Intendant Nikolaus Bachler bereits einen Termin mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und dem Zweiten Bürgermeister Josef Schmid (CSU). Dabei dürfte besprochen werden, wie die verfahrene Situation um den Max-Joseph-Platz gelöst werden kann. Weder vom Planungsreferat noch vom Baureferat liegen Konzepte für eine Neugestaltung vor. Ganz zu schweigen von einem Architektenwettbewerb zur Verbesserung der Situation.

Zu komplex und auch viel zu kompliziert ist die Lage: Wie geht man mit der Zufahrt zur Tiefgarage um? Wie verlaufen künftig die Radwege? Wie ist die Straßenbahn, die durch die Maximilianstraße fährt, von einem Umbau berührt? Wo sollen die Busse halten? Der Platz ist in den Fünfzigerjahren mit der Tiefgarage und der dazugehörenden Einfahrt unterbaut worden. Das allerdings hat die Möglichkeiten einer angenehmen Gestaltung der Oberfläche extrem eingeschränkt.

Studierende wollen Verkehr vom Platz verbannen

Die Studierenden haben sich beherzt des Themas Umbau angenommen. Zunächst untersuchten sie das Geschehen auf dem Platz - zum Beispiel mit einer Kamera, die die Ereignisse rund um die Uhr aufgezeichnet hat. Der Film zeigt, dass bis zu 20 Touristenbusse ihre ganz eigene Choreografie auf dem Platz entwickeln. Die meisten Arbeiten der Studierenden schlagen vor, den motorisierten Verkehr ganz von der Platzfläche zu verbannen. Andere Entwürfe zielen darauf ab, die Zu- und Abfahrt zur Tiefgarage an den Rand zu legen. Es gibt aber auch radikale Vorschläge. Demnach soll die Tiefgarage vollständig aufgegeben werden. Die Abstellflächen für die Autos sollen als Einkaufspassage, für interessante "Kultur-Zonen" oder gar für Künstlerateliers genutzt werden.

Innenstadt: Wegen der spindelförmigen Einfahrt in die Tiefgarage fahren den ganzen Tag Autos über den Platz.

Wegen der spindelförmigen Einfahrt in die Tiefgarage fahren den ganzen Tag Autos über den Platz.

(Foto: Google Earth)

Den Platz mit seiner Königsstatue in der Mitte umzugestalten, sei kein Luxus-Thema - das haben Vertreter des Freistaats und der Stadt stets betont. Konkret ist aber nichts passiert. Mitte der Neunzigerjahre brach man das Pflaster in der Mitte des Rondells komplett heraus, um die Decke über der Tiefgarage abdichten zu können. Das war's dann auch. Das Areal gilt als klassizistisches Gesamtkunstwerk und als Manifestation der königlichen Haupt- und Residenzstadt. Doch eine Verkehrsdrehscheibe ist der Platz trotzdem geblieben.

Rundherum wurde vieles erneuert: Vor allem in der Residenz, mit der renovierten Fassade des Königsbaus, mit der Allerheiligen-Hofkirche oder dem sanierten Cuvilliés-Theater. Die frühere Residenzpost mit der von Klenze entworfenen Prachtfassade wurde aufwendig restauriert. Der Platz an einer der wichtigsten Stellen in der Stadt stehe dazu in einem "negativen Kontrast", hatte Stadtheimatpfleger Gert Goergens schon vor Jahren kritisiert. Zuletzt hatte der ehemalige bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser immer wieder auf die Misere hingewiesen. Alles ohne Erfolg.

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