Innenansicht:Gscheid radln - und aufpassen

Die SPD hat einen interessanten Ansatz in der Verkehrspolitik. Sie sagt nicht etwa: Rettet die Fahrradfahrer! Sondern: Entlastet die Polizei!

Von Martin Bernstein

Es sind die Straßen des Grauens für Radfahrer: Oberanger, Paul-Heyse-Straße, Kapuzinerstraße. Die Liste ließe sich beliebig verlängern - um die Einsteinstraße zum Beispiel. Dort überall gibt es Radspuren, viel befahrene Radspuren sogar. Aber eben auch Autofahrer, die die Markierung für eine amtlich ausgewiesene Kurz- (oder auch Länger-) Parkzone halten. Muss so sein. Denn so egoistisch, dass er ohne Rücksicht auf Verluste sein Auto im Wissen um dessen eigentliche Aufgabe auf einem Radfahrerstreifen abstellen würde, ist selbst ein Münchner Autofahrer nicht. Nein, niemals nicht.

Die Rathaus-SPD wählt jetzt einen interessanten Ansatz, um bewusstseinsfördernde Maßnahmen für Autofahrer zu forcieren. Sie sagt nicht etwa: Rettet die Radler! Sondern: Entlastet die Polizei! Und fordert deshalb, den Zuständigkeitsbereich der kommunalen Verkehrsüberwachung auszuweiten. Ihr Antrag: "Die Stadt trifft mit dem Polizeipräsidium eine neue Vereinbarung zur Aufteilung der Verkehrsüberwachung nach Stadtteilen und deren Umsetzung." Die bisherige Aktion "Gscheid radln" sei bei Weitem nicht ausreichend, finden die Sozialdemokraten. Was die überlastete Polizei nicht schaffe, das könne doch das Kreisverwaltungsreferat übernehmen.

Das könnte ja zunächst mal den Slogan überdenken. Weil es im konkreten Fall ja weniger drum geht, dass jemand nicht "gscheid radln" kann - im Gegenteil: Der Slalom um parkende Autos herum auf die Straße und wieder zurück will schon beherrscht sein. Sondern es geht um - sagen wir es mal so: "Hirn ei'schaltn" oder "Bei uns parken Sie nur in der ersten Reihe" wäre zielgruppenorientierter. Denn Tatsache ist: An knapp der Hälfte der 2600 Fahrradunfälle im vergangenen Jahr waren nicht die Radler schuld. Und wenn man dann schon mal dabei ist, das innerstädtische Aufsichtswesen neu zu ordnen: Wie wäre es ergänzend mit der Aufstellung einer Scheren-Brigade? Zum Kappen von Hundeleinen. Denn auch diese Situation ist Radfahrern nur allzu wohl bekannt. Links der Baum, an dem Waldi sein Geschäft verrichtet. Rechts, möglichst unbeteiligt, Herrchen oder Frauchen. Und dazwischen der schlecht beleuchtete Radweg. Und die gespannte Leine . . .

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