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Ein Windrad mitten in der Stadt? Zu schön, um wahr zu sein. Und wie war das gleich wieder mit dem Konzerthaus im Sechzgerstadion?

Von Katja Riedel

Es gibt Tage, an denen sich die Nachrichten überschlagen. An denen Politik und Verbände endlich Lösungen für längst überfällige Entscheidungen finden, ganz unbürokratisch. Tage, an denen es also endlich mit Siebenmeilenschritten vorangeht in dieser Stadt, der mancher vorwirft, sie erstarre in ihrer Puppenstubenhaftigkeit. Der Mittwoch war ein solcher Tag.

Es wird nun also doch einen neuen Konzertsaal geben, und zwar in innenstadtnaher Lage, im Stadion an der Grünwalder Straße. Die Krawallmacher der internationalen Klassikszene finden durch den Neubau der Giesinger Philharmonie ein schönes Plätzchen, und die friedliebenden Upper-Class-Fans der Sechzger fühlen sich in der Allianz-Arena ohnehin viel wohler, dritte Liga hin oder her. Der Oberbürgermeister hat's dem Stadtfernsehen von TV-München bestätigt, und der Stellvertreter auch.

Auch die Grünen gingen am Mittwoch in der täglich erscheinenden Politik-Postille Rathaus-Umschau wegweisend voran, und zwar mit einem Blick zurück nach vorn, oder geografisch gesprochen: nach Südwesten. Auf der Immobilienmesse in Cannes hätte sich nämlich kürzlich beinahe ein Frevel ereignet, der das Ansehen der Landeshauptstadt im internationalen Wettbewerb der Metropolen gefährdet hätte. Es handelte sich um ein Beinahe-Vergehen am bayerischen Brauchtum. Weißwürste wurden serviert, jedoch nackt, gänzlich unbedeckt von braungetüpfelter süßer Senfdecke. Mitte März musste ein eigens entsandtes Senf-Taxi aufbrechen, um nachzuliefern. Die Grünen fordern zurecht Aufklärung, damit im nächsten Jahr alles seine Ordnung hat. Wie gut, dass die Messe nicht in Großbritannien stattfindet - denn auf die Insel dürfen die Würste nur in der Dose, ein echter Skandal. Hier sollten die Grünen präventiv nachhaken.

Wegweisend auch: Zum Ausgleich des drohenden Energiedefizits nach der Stilllegung der Irschinger Gasturbinen soll ein Windrad auf dem Gewerkschaftshaus an der Schwanthalerstraße grünen Strom für München bringen. Das Rad soll nach Angaben von Verdi den Kirchturm der benachbarten Kirche St. Paul nicht überragen.

Es gibt Tage, an denen kann man kaum glauben, was in der Zeitung steht.

© SZ vom 02.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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