Infektionsgefahr:Zecken breiten sich in München aus

Zecken-Gefahr

Borreliose oder FSME: Zecken können gefährliche Krankheiten übertragen.

(Foto: dpa)
  • Eigentlich zählen die Stadt München sowie die Landkreise München, Starnberg und Fürstenfeldbruck nicht zu den FSME-Risikogebieten.
  • Doch dieses Jahr wurden schon mehrere Erkrankungen mit dem Erreger registriert.
  • Die Einteilung hilft weniger den Menschen als den Krankenkassen - denn nur in Risikogebieten werden die Kosten übernommen.

Von Armin Greune

Er profitiert vom Klimawandel: Nach dem milden Winter breitet sich der Gemeine Holzbock weiter in Oberbayern aus. Die hier häufigste Zeckenart kann auf Menschen zwei gefährliche Krankheiten übertragen: Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Weite Teile Bayerns sind bereits als FSME-Risikogebiet eingestuft worden, formal gelten im Großraum nur die Stadt München sowie die Landkreise München, Starnberg und Fürstenfeldbruck als "risikofrei". Doch Experten warnen davor, sich auf diese Einteilung zu verlassen.

Gefährliche Bisse kann man sich auch im Stadtgebiet zuziehen. Und: Je nach Saison tragen zehn bis 40 Prozent der Zecken im Englischen Garten auch den Borreliose-Erreger in sich.

FSME ist eine seltene Virus-Krankheit, gegen die es keine Therapie gibt. Sie kann in Ausnahmefällen zu einer lebensbedrohenden Gehirnentzündung führen. Fachleute ziehen die Einteilung in FSME-Risiko- und Nichtrisiko-Landkreise in der Region München in Zweifel. Sie stützt sich auf die Zahl der registrierten Landkreisbürger. Im formal risikofreien Landkreis München wurden heuer bereits vier FSME-Fälle gemeldet, im Vorjahr waren es zwei, 2014 keiner. Im Gesundheitsreferat der Stadt München wurden in vier Jahren 17 FSME-Fälle verzeichnet, heuer waren es bisher zwei.

Die Meldung allein besagt aber noch nichts über die Endemiegebiete: Oft können die Gesundheitsämter nicht klären, wo der Holzbock den Erkrankten heimgesucht hat. "Und Zecken halten sich nicht an Stadt- und Landkreisgrenzen", sagt Gerhard Schmid, Gesundheitsamtsleiter am Landratsamt München. Im Landkreis Ebersberg etwa, der formal seit 2007 Risikogebiet ist, habe es seit 2013 keine Erkrankungen mehr bei Landkreisbürgern gegeben, sagt Evelyn Schwaiger, Sprecherin des Landratsamtes. Allein die Nachbarschaft zu anderen Risikogebieten rechtfertige wohl die Einteilung.

Diese hilft weniger den Menschen als den Krankenkassen. "Nur in Risikogebieten werden die Kosten grundsätzlich von den Kassen übernommen", sagt Rudolf Summer, Leiter des Gesundheitsamtes in Fürstenfeldbruck. Anderen Patienten könne der Arzt ein individuell erhöhtes Risiko attestieren, etwa wenn sich der Patient regelmäßig in gefährdeten Gebieten aufhalte.

Für wen sich eine FSME-Impfung empfiehlt

Fachleute raten zur "individualmedizinischen Entscheidung", wie es Gerhard Schmid ausdrückt. Wer nur im Stadtgebiet auf geteerten Wegen unterwegs ist, werde sich kaum eine Zecke einfangen. "Die FSME-Impfung ist aber zu empfehlen, wenn man als Jogger oder mit dem Hund viel draußen ist," sagt Rudolf Summer. "Nur die wenigsten Zecken tragen das Virus", sagt Lorenz Schröfl, Starnberger Gesundheitsamtsleiter. Selbst wenn der Erreger übermittelt wird, zeigten 70 bis 95 Prozent der Infizierten keine Symptome. Die äußern sich mit Fieber, Gliederschmerzen oder Erbrechen. Die Impfung ist gut verträglich, sie sollte zwei Mal wiederholt werden und schützt drei bis fünf Jahre lang.

Borreliose ist mit etwa 70 000 jährlichen Erkrankungen wesentlich häufiger als FSME. Bei der Stadt München gingen im Vorjahr 82 Meldungen ein, im Landkreis 49, in Ebersberg 38 und in Starnberg neun. Gegen die von Bakterien verursachte Borreliose gibt es keinen vorbeugenden Impfschutz, aber sie sei "in der Regel gut zu erkennen und mit Antibiotika gut zu behandeln", sagt Tobias Rupprecht, Leiter der Borreliose-Ambulanz am Helios Klinikum München West. "Nur jeder 50. Biss einer infizierten Zecke führt zu Symptomen."

Erstes Indiz ist eine ringförmige Rötung um die Bissstelle, Blut- und Nervenwasseruntersuchungen bringen Klarheit. Dennoch werde die Borreliose häufig falsch diagnostiziert, sagt Rupprecht, viele vorschnelle Therapien seien unnötig.

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