Immobilienmarkt:Auch Gewerbeflächen werden in München knapp

Immobilienmarkt: Unternehmen wie Google (hier Büroräume in München) können sich zentrale Lagen leisten.

Unternehmen wie Google (hier Büroräume in München) können sich zentrale Lagen leisten.

(Foto: Catherina Hess)
  • Nicht nur Mieter haben es schwer in München. Auch Unternehmer, die nach Büros suchen, werden kaum noch fündig.
  • Große Firmen wie BMW, Google oder IBM können sich neue Büros leisten, andere müssen aus ihren Gebäuden weichen.
  • Besonders angespannt ist die Lage für kleine und mittlere Unternehmen.

Von Andreas Remien

Wer eine Wohnung in München sucht, kennt die prekären Zustände auf dem Immobilienmarkt schon lange. Mit ein paar Jahren Verzögerung trifft der chronische Mangel nun auch Unternehmen, die Bürogebäude suchen. Die Mieten steigen, das Angebot schrumpft.

"Die Lage ist extrem angespannt", sagt Ralf Fröba, Bereichsleiter für Büro- und Investmentmärkte beim Beratungsunternehmen Bulwiengesa AG. Firmen haben von Jahr zu Jahr größere Probleme, geeignete Flächen zu finden. Das Büroangebot im Stadtgebiet ist auf ein Viertel von vor ein paar Jahren zusammengeschrumpft, die Leerstandquote hat laut Bulwiengesa mit nur noch 1,9 Prozent eine kritische Größe erreicht.

So standen 2013 noch knapp eine Million Quadratmeter leer, heute sind es dagegen nur noch gut 250 000. Geht man von der Faustformel aus, dass auf einen Mitarbeiter etwa 25 Quadratmeter Bürofläche entfallen, ist in München nur noch Platz für circa 10 000 Beschäftigte. "Das ist deutlich zu wenig", sagt Fröba.

Die Wirtschaft schlägt daher schon länger Alarm. "Die oberbayerischen Unternehmen spüren diese Entwicklung seit einigen Jahren stark", berichtet Andreas Fritzsche, Teamleiter Standortberatung bei der IHK für München und Oberbayern. Vor allem die gestiegenen Kosten bereiteten der Wirtschaft zunehmend Probleme.

In einer Umfrage der IHK vom vergangenen Frühjahr hatten Firmen die Gewerbemieten mit der Schulnote 3,8 bewertet - im Vergleich zu den anderen Standortkriterien ein miserables Ergebnis. "Kleine und mittlere Unternehmen haben es in der angespannten Marktsituation besonders schwer, finanzierbare Standorte zu finden", sagt Fritzsche.

Während sich große Firmen wie BMW, Google oder IBM neue Büros leisten können, müssen andere aus ihren Gebäuden weichen. "Es kommt vor, dass Unternehmen ausziehen müssen, weil sie die höheren Mieten nicht mehr bezahlen können", berichtet Stefan Bauer, Geschäftsführer des Gewerbemaklers BNP Paribas Real Estate in München. Anders als bei Wohnungen werden Büromietverträge in der Regel für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen. Nach Ende der Laufzeit kann der Vermieter die Miete neu festsetzen - bei der aktuellen Marktlage fast immer auf ein deutlich höheres Niveau.

Weniger Platz, höhere Mieten

So sind laut Bulwiengesa zwischen 2012 und 2017 die Durchschnittsmieten im Zentrum um mehr als 25 Prozent gestiegen. Wer heute im Stadtgebiet Büroflächen mieten will, muss im Mittel mit knapp 20 Euro pro Quadratmeter rechnen, im Zentrum mit gut 25 Euro. In den exklusivsten Lagen wie der Maximilianstraße zahlen Interessenten 37 Euro und mehr für den Quadratmeter.

Ein Grund für den Mangel ist zum einen die wirtschaftliche Entwicklung. Seit Jahren steigt die Anzahl der Bürobeschäftigten konstant. Auf der anderen Seite wurden viele Gewerbe- in Wohnflächen umgewandelt. Prominentes Beispiel ist das ehemalige Siemens-Hochhaus in Obersendling, wo knapp 270 Wohnungen entstehen sollen. Nach einer Berechnung von Bulwiengesa wurden dem Büromarkt von 2010 bis 2017 durch Neuplanung, Abriss und Umbau insgesamt etwa 600 000 Quadratmeter entzogen. Hinzu kommt: Viele Bauträger haben in den vergangenen Jahren lieber auf den lukrativen Wohnungsbau gesetzt.

Das Angebot ist auch deshalb knapp, weil es viele Unternehmen wieder in die Stadt zieht. Microsoft, das seinen Sitz von Unterschleißheim in die Parkstadt Schwabing verlagert hat, ist da nur eines von vielen Beispielen. Dass die Firmen trotz deutlich höherer Gewerbesteuer und höherer Mieten gerne im Münchner Stadtgebiet suchen, hat laut Bauers Einschätzung vor allem mit dem Wettbewerb um Personal zu tun. Wer gute Leute anwerben wolle, brauche einen guten Standort. "Junge Fachkräfte wollen außerdem einen modernen Arbeitsplatz", sagt Bauer, "und den finden sie am ehesten in einem neuen Gebäude."

Neue Projekte wie die Hochhäuser am Vogelweideplatz werden den Markt wohl nur wenig entspannen. "Das reicht nicht", sagt Analyst Fröba, "bis 2021 fehlen mindestens 300 000 Quadratmeter". Wie auf dem Wohnungsmarkt drängen die wenigen Angebote und die hohen Mieten Interessenten mit kleineren Budgets in die äußeren Lagen. Selbst an Standorten wie Hallbergmoos, die viele Jahre mit sehr hohen Leerstandsraten zu kämpfen hatten, wird wieder vermietet. Manche Firmen schauen sogar noch weiter, zum Beispiel nach Augsburg. Die Wanderungstendenzen seien zwar noch gering. "Aber mit Augsburg ist zu rechnen", sagt Fröba.

Ähnlich eng war es auf dem Münchner Büromarkt zur Jahrtausendwende kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase. Heute sei die Flächensituation "deutlich angespannter", sagt Zweiter Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid (CSU), "ein massives Problem für den Wirtschaftsstandort kann ich allerdings noch nicht ausmachen". Wie beim Wohnungsbau setzt die Stadt München nun vor allem auf Revitalisierung und Nachverdichtung.

"Die Stadt muss auch wieder neue Büroflächen ausweisen", sagt Schmid. Das könne aber wahrscheinlich "nur punktuell" geschehen. Wohnen und Gewerbe dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Zumindest mit der Umwandlung von Büro- in Wohnflächen soll laut Schmid Schluss sein. "Heute sehe ich keine weiteren Flächen mehr, die sich dafür eignen würden."

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