Immobilie:Charakterfrage

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In privilegierter Lage und in gutem Zustand: der Blick aus dem Englischen Garten auf die 1929 fertiggestellte Villa. (Foto: Florian Peljak)

Der Eigentümer einer Villa an der Königinstraße erkennt Denkmalschutzauflagen nicht an und will den Abriss gerichtlich durchsetzen. Der Streit schürt erneut Sorgen um das historische Gepräge des Viertels

Von Alfred Dürr, Maxvorstadt

Eine so prominente und privilegierte Wohnlage wie diese gibt es in München nicht oft: innenstadtnah, grün und ruhig, direkt am Englischen Garten. An der Königinstraße 26 und in Verlängerung der Ohmstraße in Richtung Eingang zum Park steht die Villa mit ihrem zweigeschossigen Walmdach. Nun ist ein Denkmalschutz-Streit um dieses Haus entbrannt. Der Eigentümer, der die Immobilie vor zwei Jahren erworben hat, ist bei der Stadt mit seinem Abrissantrag gescheitert. Der Eigentümer bezweifelt die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Er will vor Gericht gehen und wenn nötig, durch alle Instanzen prozessieren.

Die Villa ist ein Werk der namhaften Münchner Architekten Heilmann und Littmann. Sie errichteten zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser im Zentrum der Stadt und in den angrenzenden Villenvierteln. Zu den bekanntesten Bauwerken zählen das Hofbräuhaus und das Prinzregententheater. Das Wohnhaus an der Königinstraße 26 stammt aus dem Jahr 1929. Es hat Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg ohne Schäden überstanden; seit einiger Zeit ist es unbewohnt.

Ende 2016 stellte der neue Besitzer des Anwesens einen sogenannten Antrag auf Vorbescheid bei der Stadt. Es sollte ausgelotet werden, was baulich mit der Immobilie möglich ist. Unter anderem wurde auch die Errichtung eines Appartement-Hotels abgefragt. Es ist nicht unüblich, dass im Zuge eines solchen Verfahrens eine Prüfung auf die Denkmaleigenschaft des Objekts eingeleitet wird. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege kam 2017 zu dem Schluss, dass die Villa schützenswert sei. Zur Begründung hieß es: Das Haus besitze im Wesentlichen noch die gesamte bauliche Ausstattung aus der Zeit seiner Errichtung. Es sei ein anschauliches Zeugnis der städtebaulichen und stadträumlichen Entwicklung und Verdichtung für die Periode der Zwanzigerjahre zwischen den Vorstädten Maxvorstadt und Schwabing.

Der Eigentümer hatte sich unterdessen für den Abriss der Villa und einen Neubau entschieden. Ihm schwebt für die eigene Familie ein "Mehrgenerationen-Haus" vor. Es gehe ihm also keineswegs darum, am Englischen Garten ein Luxusgebäude mit entsprechend teuren Eigentumswohnungen zu errichten, betont er. Aber für die Erfüllung seiner Vorstellungen brauche man auch die entsprechenden Räumlichkeiten und Ausstattungen, zum Beispiel einen Aufzug für gehbehinderte Personen. Im vorhandenen Haus wäre das nach Ansicht des Landesamts ein Eingriff in die Substanz und sehr wahrscheinlich nicht genehmigt worden.

Der Antrag auf vollständige Beseitigung des Anwesens, den der Eigentümer Anfang Oktober vergangenen Jahres stellte, ist von der Stadt mit Hinweis auf den Denkmalschutz abgelehnt worden. Der Abbruch würde unwiderruflich zum Verlust eines zeithistorisch wertvollen Gebäudes führen, hieß es.

Zum Beispiel könnten keine statischen Aspekte als Grund für einen Abbruch angeführt werden, so die Stadt. Gravierende, über den üblichen Zustand eines Gebäudes dieses Alters hinausgehende Schäden lägen nicht vor. Es sei also noch gut zu nutzen. Der "Erzielung zeitgerechter Wohnumstände" will die Behörde nicht im Weg stehen.

Der Eigentümer kann die Argumentation der Stadt und der Denkmalschützer gegen einen Abriss nicht nachvollziehen. Er stützt seine Haltung auf die Erkenntnisse eines von ihm beauftragten Fachgutachters. Dieser kommt zu dem Schluss, dass die Villa "weder als denkmalfähig noch als denkmalwürdig" bezeichnet werden kann. Unter anderem verweist der Experte darauf, dass 1974 diverse Umbauten im Innern des Hauses stattfanden. Grundrisse seien verändert worden, und auch das Gesamterscheinungsbild habe sich verändert: durch neue Fenster, Ausgänge oder einen Garagen-Anbau. Eine besondere gestalterische Qualität, die das Gebäude aus der Masse von Vergleichsbauten in München heraushebe, könne nicht abgelesen werden, so der Gutachter.

Nachbarn, Initiativen, auch Denkmalschützer, wie der Architekt und frühere Stadtheimatpfleger Gert Goergens, machen sich Sorgen um den Charakter der Königinstraße. So verschwinden gleich neben der Villa die vielen Anwohnern und Passanten vertrauten Bauten der Tierklinik. Die Architektur des künftigen Physik-Campus, der auf dem Gelände entsteht, erntet heftigen Widerspruch. Die alte Villa, direkt am stark frequentierten Eingang zum Englischen Garten gelegen und umgeben von bedeutsamen Baudenkmälern aus dem Beginn des vergangenen Jahrhunderts und auch aus der Nachkriegszeit, will man jetzt nicht auch noch verlieren.

© SZ vom 03.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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