Imam Abu Adam: Prozess gegen Frau:Der Schleier ist gelüftet

Shaza H. hatte ihren Mann, Imam Abu Adam, beschuldigt, sie über Jahre misshandelt zu haben. Dann gab sie zu: alles Lüge. Nun steht sie vor Gericht - doch zunächst geht es gar nicht darum, wer was warum getan hat.

Bernd Kastner

Am Ende steht ein bemerkenswertes Eingeständnis: Die Justiz habe den Falschen eingesperrt, sagt der Staatsanwalt. Allein, es war ein kaum vermeidbarer Fehler, und er wurde am Dienstag korrigiert. Shaza H. wurde zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wegen Freiheitsberaubung. Sie hatte ihren Mann fälschlicherweise beschuldigt, sie massiv misshandelt zu haben. Ihr Mann ist Imam Abu Adam; er saß zu Unrecht zweieinhalb Monate in Haft.

Fortsetzung im Prozess gegen Sheza H. wegen Freiheitsberaubung an ihrem Mann

Sheza H. vor Beginn des Prozesses im Münchner Strafjustizzentrum.

(Foto: dapd)

Die 31-jährige Shaza H., eine gebürtige Syrerin, nahm diesmal ihren Gesichtsschleier während ihrer Aussage vor Gericht ab. Vor zwei Wochen hatte die streng gläubige Muslima dies noch verweigert, weshalb Amtsrichter Stephan Necknig den Haftbefehl gegen sie wieder in Kraft setzte und sie nach Stadelheim bringen ließ. Das Gericht müsse die Angeklagte identifizieren und anhand ihrer Mimik ihre Glaubwürdigkeit überprüfen. Ein Imam, den die Frau als Autorität anerkennt, hatte sie mit Verteidigerin Annette von Stetten überzeugt, dass in einer solchen Ausnahmesituation das Zeigen des Gesichts erlaubt sei.

Shaza H. wiederholte, was sie bereits zu Protokoll gegeben hatte. Am Abend des 23. November 2010 sei es zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit ihrem Mann gekommen. Sie selbst aber habe den Streit begonnen, sie habe gespuckt, geschrien und gebissen. Ihr Mann habe sich gewehrt, habe sie dabei auch mit der Faust geschlagen. Daher rühren offenbar die Verletzungen, die eine Rechtsmedizinerin feststellte. Frühere Knochenbrüche stammen wohl von Stürzen.

Gestritten hätten sich die beiden ums Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Töchter. Sie habe sich trennen wollen vom Imam, doch der habe sie nicht nach islamischer Tradition verstoßen. Sie habe sich deshalb rächen wollen. Anwältin von Stetten betonte, dass ihre Mandantin ganz bewusst nach ihrer Falschaussage von Syrien zurück nach München gekommen sei, um ihren Fehler zu korrigieren. Auch Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz, der ein Jahr auf Bewährung gefordert hatte, glaubte der jetzigen Aussage H.s.

Der Fall erregte großes öffentliches Aufsehen, weil der Prediger der Dural-Quran-Moschee seit Jahren gegen Gewalt aller Art eintritt. Abu Adam, 40, lebte zum Zeitpunkt seiner Festnahme mit drei Frauen und zehn Kindern zusammen; eine ist nach deutschem Recht seine Ehefrau, mit den anderen ist er nach islamischem Recht verheiratet. Der Prozess endete so emotional wie die ganze Geschichte war. Abu Adam hatte seiner Drittfrau bereits öffentlich verziehen. Nach Verkündung des Urteils, das bereits rechtskräftig ist, umarmte er sie lange. Sie war bekleidet mit einem schwarze Umhang, er trug einen weißen. In der Hand hielt er einen Blumenstrauß.

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