Kinderwunsch-Zentrum:Mann wegen Werbung für illegale Befruchtung verurteilt

  • Der frühere Leiter des Kinderwunsch-Informationszentrums in Ottobrunn ist vom Münchner Amtsgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 2850 Euro verurteilt worden.
  • Eigentlich sollte der Angeklagte eine viel höhere Summe bezahlen - doch der Verteidigte einigte sich mit der Staatsanwaltschaft auf einen "Deal".
  • Der Angeklagte wurde von Konkurrenten angezeigt - der Reproduktionsmarkt ist ein lukratives Geschäft.

Von Christian Rost

Der frühere Leiter des Kinderwunsch-Informationszentrums in Ottobrunn ist am Mittwoch vom Münchner Amtsgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 2850 Euro verurteilt worden. Das Gericht sprach den 63-jährigen Rainer O. "der Beihilfe zur Beihilfe zur missbräuchlichen Anwendung von Fortpflanzungstechniken" schuldig.

Der Kaufmann hatte in Deutschland für die Kinderwunschkliniken des Fortpflanzungsmediziners Professor Herbert Zech Werbung gemacht. Zech bietet in Österreich und Tschechien Reproduktionsbehandlungen an, die das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet.

Rainer O. leitete das Kinderwunsch-Informationszentrum von 2007 bis zu dessen Schließung im Jahr 2011. Im Auftrag von Zech organisierte er bundesweit in Hotels Infoveranstaltungen, bei denen Ärzte aus den Kinderwunschkliniken über ihre Befruchtungsmethoden referierten.

Strenge Regeln in Deutschland

Neben niedergelassenen Gynäkologen nahmen auch zahlreiche Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch an diesen Abenden teil. Zentrales Thema war, dass die engen Grenzen des deutschen Embryonenschutzgesetzes für Zechs Kliniken im Ausland nicht gelten, wonach bei Frauen pro Zyklus maximal drei Eizellen entnommen und befruchtet werden dürfen, um Missbrauch mit überschüssigen Embryonen zu verhindern.

Bei Zech werden angeblich bis zu 18 Eizellen befruchtet und überdies gespendete Eizellen von fremden Frauen in den Kinderwunsch-Behandlungen verwendet. In Deutschland ist das verboten.

Rainer O. war der Marketingmann des Professors und dabei sehr erfolgreich. Rund 5400 Frauen habe er an die Kliniken vermittelt und damit viele Paare glücklich gemacht, sagte Rainer O. bei der ersten Auflage des Prozesses gegen ihn im Sommer 2014.

Das Verfahren musste damals ausgesetzt werden, weil es sich über Wochen hinzog und der zuständige Richter sich schließlich in den Urlaub verabschiedete. Bei der Neuauflage am Mittwoch waren nun wieder mehrere Ärzte und Patientinnen als Zeugen geladen, die sich aber aus gesundheitlichen Gründen entschuldigten.

Warum der Reproduktionsmarkt so lukrativ ist

Schon im ersten Verfahren hatten mehrere Frauen vor Gericht aussagen und ihre oft jahrelangen Odysseen zur Erfüllung ihres Kinderwunsches schildern müssen.

Rainer O. vermittelte nicht nur Frauen an Zech, von dem er in den Jahren 2007 bis 2010 ein Honorar von mehr als 380 000 Euro erhielt. Der Angeklagte warb auch in Deutschland niedergelassene Gynäkologen an, die die Frauen für die Kinderwunschbehandlungen vorbereiteten und auch die Nachsorge übernahmen. Mehr als 100 Frauenärzte sollen Zech zugearbeitet und dafür je Patientin 250 Euro Honorar erhalten haben.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen diese Ärzte und stellte sämtliche Verfahren gegen Geldbußen in Höhe von 2400 bis 7000 Euro ein. Rainer O. hingegen sollte laut Strafbefehl 75 000 Euro zahlen, nur weil er für Zechs Kliniken geworben hatte. Der Kaufmann akzeptierte die Geldstrafe nicht und legte Einspruch ein.

Hätten sich die Prozessbeteiligten bei der zweiten Auflage des Verfahrens nun nicht auf einen sogenannten Deal geeinigt, wonach O. den Strafbefehl doch noch akzeptiert, wäre es zu monatelangen Verhandlungen mit unzähligen Zeugen gekommen. Richter Gerhard Simon sagte, dass allein 19 Gynäkologen als Zeugen hätten geladen werden müssen.

Dass das ein unverhältnismäßiger Aufwand gewesen wäre, sah schließlich auch die Staatsanwaltschaft ein. Sie stimmte auch zu, dass die gegen O. verhängte Geldstrafe drastisch reduziert wird, weil der Mann mittlerweile auf Sozialhilfeniveau lebt.

O.s Verteidiger Sewarion Kirkitadse sagte, sein Mandant sei den "Kuhhandel" mit der Staatsanwaltschaft nur eingegangen, weil er den an Zech vermittelten Frauen eine neuerliche Aussage vor Gericht habe ersparen wollen.

Angezeigt worden war Rainer O. von einem mit Zech konkurrierenden Reproduktionszentrum, was verdeutlicht, dass in dem sehr lukrativen Kinderwunsch-Markt mit jährlich 50 000 Behandlungen allein in Deutschland mit harten Bandagen gekämpft wird.

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