Ideen:Fünf Regeln für den reinen Klang

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Der japanische Star-Akustiker Yasuhisa Toyota hat konkrete Verbesserungsvorschläge für die Münchner Philharmonie

Von Michael Zirnstein, München

Paul Müller, Intendant der Münchner Philharmoniker, gilt als eher schweigsamer Mensch. Selten hört man ihn so emotional schwärmen wie über Akustiker Yasuhisa Toyota: "Seine Expertise ist unbestritten, seinem Urteil vertrauen wir zu hundert Prozent, und das Ergebnis seiner Untersuchung ist eine tolle Nachricht für uns und für die vielen Münchner Klassikfans", sagt Müller. Daraus ist auch die Erleichterung zu hören, die der 64-jährige Japaner den Münchner Philharmonikern nach mehr als 30 Jahren Diskussion über die Qualität des Konzertsaals verschaffen könnte. "Wir sind fest überzeugt, mit einem angemessenen Aufwand eine hervorragende Akustik erreichen zu können", glaubt Müller. Er bekennt sich damit auch als Toyota-Jünger. Dessen Akustik-Kenntnis, seit mehr als 40 Jahren in Sälen von St. Petersburg bis zur Elbphilharmonie zur Anwendung gebracht, wird geradezu religiös verbrämt: Der "Designer des Unsichtbaren" sei er oder der "Klang-Guru", heißt es. Die fünf Handlungsanweisungen für die Verbesserung der Philharmonie würden aus ihr zwar noch keinen echten Toyota-Saal machen. Aber dennoch werden die "T5" weniger als Vorschläge, denn Gebote betrachtet.

Installation eines neuen Deckenreflektors - Toyota sagt: Die Plexiglas-Scheiben über dem Orchester machen den Klang weder durchsichtiger noch besser. Egal ob die Philharmoniker die Reflektoren tiefer oder die BR-Symphoniker höher hängen, die Schallwellen umspülen die Brecher trotzdem und verebben irgendwo unter der Decke. Der Effekt: Die Orchestermusiker hören sich selber und die Kollegen schlecht. Toyota erster Rat: Man muss ein massives Deckensegel von gut 40 Tonnen Gewicht einziehen, das 14 Meter über den Musikern und den ersten Publikumsreihen schwebt. Es soll vor allem die tiefen Töne nach unten drücken.

Erneuerung der Bühne und Veränderung der Bühnengeometrie - Toyota sagt: Die Bühne trägt den Klang nicht. Die zweite Maßnahme ist daher, die starre Konstruktion des Podiums zu verändern und die Bühne in den Raum zu verlagern. Dadurch fielen zwar 100 Plätze in den ersten Reihen weg, aber das Orchester säße näher am Publikum. Wichtig wäre auch, das Hub-Podest für das kompakter gestellte Orchester wie bei einem griechischen Theater oder etwa auch in Tokio als Kreis zu gestalten, was bisher in dem asymmetrischen Saal als unästhetisch galt.

Einbau horizontale Reflektoren - Toyota sagt: Die horizontalen Reflektoren an den Seitenwänden leiten den Schall auf falsche Wege. Er empfiehlt massive, schwere Paneele, die anders ausgerichtet den vollen Klang zur Bühne zurückwerfen. Daran müssten auch die Fassaden der Balkone seitlich der Bühne angeglichen werden, wodurch auf den Vorbauten mindestens eine Sitzreihe wegfiele.

Veränderung der Neigungswinkel der Brüstungen - Toyota sagt: Auch das Publikum soll besser hören. Dafür steht in seiner Bauanleitung, die Brüstungen zwischen den Sitz-Blöcken anzupacken. Die Holztrenner wurden stets als unverzichtbar für die Akustik erachtet, was auch stimmt. Aber Toyota sagt: In der jetzigen Form bringen sie nichts. Sie müssen anders geneigt und höher sein. Das Publikum sähe immer noch gut genug - und höre besser.

Der Designer des Unsichtbaren: Yasuhisa Toyota. (Foto: Eugene Hoshiko/AP)

Schallreflektoren und strukturierte Oberflächen - Toyota sagt: Die Oberflächen sind zu glatt. Holz sei ein gut klingendes Material, doch es müsse aufgeraut werden, um den Klang zu brechen. Dazu müsse man auch herausragende Elemente an den Flächen anbringen wie die Schuppen der Elbphilharmonie.

Das Wichtigste aber ist, sagt Toyota: Alle oder keine. Nur die eine oder andere Maßnahme umzusetzen, bringe nichts, sie müssen ineinandergreifen.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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