Hygieneskandal bei Müller-Brot:Einblick in die Backstuben

Nach dem Hygieneskandal bei Müller-Brot fordern die Grünen Informationen über alle bayerischen Großbäckereien. Müller-Brot gab unterdessen bekannt, dass die Pächter nun finanzielle Erleichterungen bekommen, sie leiden unter Umsatzeinbußen zwischen 60 und 80 Prozent.

Frank Müller und Katja Riedel

Nach dem Hygieneskandal um Müller-Brot wollen die Grünen jetzt auch alle anderen bayerischen Großbäckereien unter die Lupe nehmen. Mit gleichlautenden Antragsschreiben an zahlreiche Landratsämter im Freistaat verlangen die Grünen detaillierte Auskünfte über Art, Schwere und Konsequenzen möglicher ähnlicher Verstöße bei insgesamt 14 Großbetrieben.

Grossbaeckerei Mueller-Brot vor ungewisser Zukunft

Leere Regale: Die Müller-Brot-Pächter klagen über Umsatzeinbußen.

(Foto: dapd)

Das bedeute keinen Generalverdacht gegen die Branche, erklärte die Chefin der Landtagsfraktion, Margarete Bause am Montag. Die Rechtslage und das bisherige Verhalten der Behörden ließen aber keine andere Wahl, sagten Bause und die Grünen-Verbraucherexpertin Anne Franke.

Mit den Formbriefen ziehen die Grünen die Konsequenzen aus der bisherigen Aufarbeitung des Skandals. Das Gesundheitsministerium hatte die Bevölkerung nicht vor den Erzeugnissen von Müller-Brot gewarnt, weil die Mängel dort zwar schon zwei Jahre bekannt waren, aber nicht als gesundheitsgefährdend galten. Dies entspreche geltendem Recht.

Vorgesehen ist im Verbraucherinformationsgesetz allerdings, dass Bürger selbst Auskünfte beantragen können. "Okay, dann fragen wir halt", sagte Bause. Den staatlichen Behörden warfen die Grünen vor, in solchen Fällen stets gar nicht oder zu spät zu informieren. Bause: "Das System hat Methode." Das liege auch an der engen Verflechtung von Ministerien und Bäcker-Lobby.

Die Grünen legten mehrere Pressemitteilungen der vom Ex-CSU-Abgeordneten Heinrich Traublinger geleiteten Bäckerinnung vor, die in Lebensmittelrechtsfragen die "besondere Sensibilität (des Ministeriums) für die Probleme in den Betrieben" und die "starke Mittelstandsorientierung der Bayerischen Staatsregierung" loben - gegen die "unerfüllbaren Vorgaben", wie sie Bundesregierung und EU beim Verbraucherschutz anstrebten.

Bei Müller-Brot selbst ruht die Produktion in Neufahrn nunmehr seit vier Wochen. Seit Bekanntwerden des Hygieneskandals leiden auch die selbstständigen Pächter der 151 als Franchise betriebenen Filialen unter Umsatzeinbußen zwischen 60 und 80 Prozent. Sie bekommen nun finanzielle Erleichterungen, wie der vorläufige Insolvenzverwalter Hubert Ampferl am Montag mitteilte.

Am Freitagabend hatte Ampferl den Pächtern bei einem Treffen im Neufahrner Ortsteil Massenhausen seine Ideen vorgestellt, wie sie trotz des Skandals und fehlender Kunden überleben könnten. Für Waren, die die Insolvenzverwaltung derzeit bei Fremdfirmen bestellt und über die eigene Logistik an die Filialen ausliefert, müssen die Franchisenehmer ab sofort nur noch die Hälfte bezahlen. Zudem können sie wählen, ob sie die Pacht nicht zahlen möchten oder die Pauschale für Raum- und Betriebskosten. Je nach individueller Umsatzsituation könnten sich die Pächter zwischen beiden Varianten entscheiden.

Nahezu alle der 151 Betroffenen hätten dem Konzept bereits zugestimmt, sagte Ampferl. "Die Pächter haben seit Beginn des Hygieneskandals äußerst schmerzhafte Umsatzeinbußen erleiden müssen."

Für den gesamten Betrieb sucht Ampferl nach einem Investor und hat offenbar auch schon erste Gespräche geführt. Über deren Verlauf ist bislang nichts bekannt. Mit der Rettungsaktion für die Pächter gehe er "hart an die Grenze des finanziell Möglichen", heißt es aus seiner Kanzlei.

Mit der Reinigung der Großbäckerei sind derzeit zehn Unternehmen mit etwa 50 Mitarbeitern beauftragt. Ein erneuter Abnahmetermin der Lebensmittelkontrolleure solle kurzfristig anberaumt werden. Ampferl möchte, dass Mitte März wieder Backwaren in Neufahrn produziert werden können.

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