Hygiene-Mängel bei Müller-Brot:Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs

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Zumindest der Freisinger Landrat glaubt an einen Neuanfang. Unterdessen berichten Mitarbeiter von Müller-Brot über wütende Kunden, die Verkäufer beschimpfen und Lieferwägen beschädigen. Eine Betriebsversammlung sollte nun Klarheit über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze bringen - doch viele Beschäftigte sind danach verunsichert.

Katja Riedel

Der Abend sollte Klarheit bringen. Das hatten sie zumindest gehofft: Mehr als 500 von 1050 Mitarbeitern der Großbäckerei Müller-Brot in Neufahrn waren am Samstag zu einer Betriebsversammlung gekommen. Am Ende des Abends waren die, die sich Sicherheit über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze gewünscht hatten, noch verunsicherter. Das sagt zumindest Mustafa Öz von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), der die Münchner Bäckereibetriebe betreut.

Eine Münchner Müller-Brot-Filiale verspricht Waren von anderen Bäckereien. (Foto: Carmen Wolf)

Öz hatte sich dafür eingesetzt, dass auch der Mehrheitseigner des seit knapp zwei Wochen stillgelegten Betriebes, Klaus Ostendorf, sich den Mitarbeitern persönlich stellt. Dies sei bei einer ordentlichen Betriebsversammlung, die bereits im November geplant und angekündigt worden war, nicht üblich, hatte ein Müller-Brot-Sprecher schon zu Beginn der Woche gesagt. Die Schlagzeilen über 21 Hygienekontrollen, 69.000 Euro Buß- und Zwangsgelder, über Mäusekot, Schaben, Motten und Verschmutzungen in den Produktionsräumen änderten daran nichts.

Die Behörden hatten am 30. Januar veranlasst, eine Generalsanierung der 54.000 Quadratmeter großen Fabrik zu verlangen, woraufhin Müller-Brot seine Produktion gestoppt hatte.

Mehrheitseigner Ostendorf, der sich noch am Freitag in Neufahrn mit Gewerkschafts- und Betriebsratsvertretern sowie der Geschäftsführung zum Krisengespräch getroffen hatte, äußerte sich am Samstag erstmals in einem Interview mit der SZ öffentlich. Dabei räumte er nicht nur "grobe Fehler" ein, sondern bezeichnete auch die aktuelle Situation als "heftige Herausforderung" für das Unternehmen.

Umsatz um bis zu 75 Prozent eingebrochen

Schon vor dem Hygieneskandal waren nach Aussagen der NGG Arbeitsplätze in Neufahrn bedroht. Doch in der vergangenen Woche verschärfte sich die Situation, nachdem mit Lidl ein Großkunde zumindest derzeit abgesprungen ist, und weitere überdenken, ob sie weiter Müller-Brot-Produkte in ihren Supermarktregalen anbieten möchten. Auch in den 240 Filialen, die zu etwa zwei Dritteln von Franchise-Nehmern betrieben werden, war der Umsatz um bis zu 75 Prozent eingebrochen.

Während der nicht öffentlichen Betriebsversammlung hätten Mitarbeiter, die Müller-Brot Produkte verkaufen oder ausfahren, von wütenden Kunden berichtet, die die Verkäufer beschimpft hätten oder die Lieferwagen beschädigt, sagte Gewerkschafter Öz.

Während der Versammlung habe es mehr als zwei Stunden lang hitzige Diskussionen zwischen Mitarbeitern und Geschäftsführung gegeben. Zu Beginn seien die Mitarbeiter noch sehr ruhig und konzentriert gewesen - der Geschäftsführung sei es aber nicht gelungen, ihnen die Ängste zu nehmen. Die Löhne seien "aus heutiger Sicht sicher", hieß es nur.

Sicher ist jedoch auch, dass der Produktionsstopp einen Millionenschaden für das Unternehmen bedeutet. An guten Tagen werden dort nach eigenen Angaben etwa vier Millionen Backwaren täglich produziert.

"Gute Chancen für einen Neuanfang"

Wie teuer der Hygieneskandal Müller-Brot kommt, wird sich frühestens am kommenden Freitag abschätzen lassen. Dann werden die Lebensmittelkontrolleure des Landkreises Freising sowie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit den gereinigten und umgebauten Betrieb erneut überprüfen und entscheiden, ob dort wieder Brot, Brezen und Semmeln gebacken werden.

Zumindest der für die Schließung der Großbäckerei Müller-Brot verantwortliche Freisinger Landrat Michael Schwaiger glaubt an die Zukunft des schwer angeschlagenen Unternehmens. "Wenn es Müller-Brot gelingt, durch offenes und transparentes Vorgehen die Verbraucher zu beruhigen beziehungsweise zurückzugewinnen, hat die Firma aus meiner Sicht gute Chancen für einen Neuanfang", sagte der Kommunalpolitiker (Freie Wähler) der dpa.

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