Hundeschule:Für einen gesunden Geist im gesunden Hundekörper

Hundeschule und Hundesalon in einem ist die Hundevilla in Waldtrudering.

In der Hundevilla in München wird auch geduscht und geschnitten. Dann nochmal nachgeschnitten.

(Foto: Florian Peljak)

In der Hundevilla in Waldtrudering bekommen Hunde alles vom Haarschnitt bis zur Bachblüten-Kur. Ist das nicht übertrieben? Nein, heißt es. Denn Hunde sind keine Wölfe mehr.

Von Jorid Engler

Auge in Auge mit der Schere bewahrt Fellino die Ruhe. Der lebhafte Havaneser ist erst zwei Jahre alt, doch ein Friseurbesuch bedeutet für ihn keine große Aufregung mehr. Im Hundesalon von Marion Breitenseher nehmen große und kleine Kunden auf dem Behandlungstisch Platz. "80 Prozent meiner Kunden sind sehr brav", sagt Breitenseher lachend und strubbelt Fellino durch das Fell. Breitenseher hat ihren Salon in der Waldtruderinger Hundevilla an der Wasserburger Landstraße eingerichtet. Unter einem Dach verschreibt eine Heilpraktikerin gestressten Hunden Bachblüten, passt eine Hundebetreuerin auf die Tiere der arbeitenden Besitzer auf und gibt eine Hundetrainerin Tipps in Sachen Erziehung.

Breitenseher ist gut ausgelastet mit der Arbeit in ihrem rosa gestrichenen Friseurzimmer im Souterrain. An einem kleinen Hund wie Fellino werkelt sie etwa eine Stunde herum, bis die Frisur sitzt. Größere Hunde nehmen mehr Zeit in Anspruch. Fellinos Pony ist inzwischen gestutzt und gibt den Blick frei auf braune Knopfaugen. "Es gibt Hunde, deren Fell hört nicht auf zu wachsen. Es würde total verfilzen", erklärt Breitenseher und zupft ein paar weiße Haare von ihrem Kittel. Fellino beschwert sich nicht, als Breitenseher ihn in eine Edelstahlwanne stellt und die Brause auf ihn richtet. Shampoo und Duschen klingt nicht wie für Hunde gemacht.

Aber Breitenseher sieht das anders: "Es sind ja keine Wölfe mehr. Und ich benutze rückfettendes Shampoo, extra für Hunde." Dass ihre Arbeit nicht nur Luxus ist, erklärt die Hundefriseurin, während sie ihrem nächsten Kunden die Pfoten pedikürt. "Wenn man die Krallen nicht kürzt, dann kann das zu Fehlstellungen führen wie bei einem zu engen Schuh", sagt Breitenseher.

Für Schönheitswettbewerbe habe sie noch keinen Hund zurechtgemacht und Haare färben würde sie auch nie. "Praktisch", bringt sie ihre Devise auf den Punkt. Ob praktische oder schöne Frisuren, der Besuch beim Hundefriseur bleibt für den Geldbeutel des Hundehalters nicht folgenlos. Waschen, schneiden, föhnen kosten ungefähr 55 Euro. Wer alle acht bis zehn Wochen kommt, muss um die 300 Euro im Jahr übrighaben.

Vom Untergeschoss, in dem Breitenseher ihren Salon betreibt, steigt man hinauf ins Erdgeschoss. Aufgeregtes Gebell dringt dort um 19 Uhr aus der Hundetagesstätte. Ein lebhafter Magyar Vizsla legt freudig die Vorderpfoten auf das makellose Hemd seines Besitzers und zerrt übermütig am ordentlich gebundenen Schal. Derweil versucht vergeblich ein anderer Hundehalter seinem hünenhaften Bernhardiner zu erklären, dass man vorbeigehenden Menschen nicht sabbernd die Hände ableckt. Wie bei der Abholung im Kindergarten gehen Erwachsene in die Knie, um ihre Lieben zu begrüßen. Nur werden hier keine Schnürsenkel gebunden, sondern Leinen angelegt. "Am Abend sind die Hunde platt", meint Sabine Schweiger, die die Hunde tagsüber betreut.

Der zweijährige Balu ist einer von Schweigers Tageshunden. Gemeinsam mit neun anderen Tieren darf er toben, während ihre Besitzer das Hundefutter verdienen. Schweiger nimmt die bunt gemischte Truppe vormittags mit in ein angemietetes Areal zum Spielen und Schnüffeln. "Bei den Großen wie Balu muss man aufpassen, dass sie nicht zu wild werden. Die Kleinen kippen sonst um", erzählt sie. Die Jüngeren nehmen die Freiheit dankbar an, sich im Gras zu balgen und probeweise das Bein am Zaun zu heben.

"Die älteren Herrschaften mögen es lieber ruhig. Die nehme ich dann mit auf einen kleinen Spaziergang", sagt Schweiger. Nachmittags dreht Schweiger eine große Runde mit den Tieren und einer Mitarbeiterin. Mit fünf Hunden an der Leine wird sie locker fertig. Die Hundebetreuerin ist erfahren im Gassi gehen, sie lässt sich nicht so leicht einwickeln. "Man hält die Leinen einfach wie einen Blumenstrauß", erklärt sie die richtige Griff-Technik.

Wenn es in der Hundegruppe doch mal zu Problemen kommt, überweist Schweiger Problemhund samt Besitzer gerne an ihre Kollegin, die Hundetrainerin Edith Pechloff, die ihren Trainingsraum im Keller neben dem Friseursalon eingerichtet hat. Aber bei Pechloff suchen nicht nur Besitzer von auffälligen Tieren Rat. Sie kümmert sich auch um junge Hunde, die noch einiges zu lernen haben. Beschäftigung und Herausforderung von schlauen Hunden kommen häufig zu kurz, merkt man, wenn man mit Hundetrainerin Pechloff spricht. Sie trägt kleine Ohrringe in Form von Hundetatzen und lächelt, wenn sie erzählt, wie sie ihren früheren Job als Bürokauffrau aufgab und eine Ausbildung zur Hundetrainerin machte.

Hundevilla, Wasserburger Landstraße 205

Wartebereich in der Hundevilla an der Wasserburger Landstraße 205.

(Foto: Florian Peljak)

Aufgeweckte Tiere wie den zweijährigen Balu fordert sie gerne mit der Suche nach kreativ versteckten Leckerlis heraus. Pechloff krault Balu die dunklen Locken. "Er versteht sehr schnell", lobt sie ihren haarigen Zögling. Wäre Pechloff Lehrerin, Balu wäre einer ihrer besseren Schüler. Früher hätte die dicke Unterwolle des geruhsamen Belgischen Wasserschutzhundes ihm bei der Arbeit gute Dienste geleistet. Sie lässt das Wasser einfach abperlen. Doch ein Hund wie Balu ist heute arbeitslos. Statt auf der Treibjagd Enten zu apportieren, wird ein Faulenzer wie Balu höchstens gelangweilt die Wohnung hüten.

Pechloff versucht, einen Kontrastpunkt zu setzen und zeitgemäße Antworten auf Probleme zu finden, die dadurch entstehen, dass Hunde heute keine Nutztiere mehr sind. "Alle Hunde, die keine Aufgabe mehr haben, weil sie bei Privatpersonen sind, brauchen hin und wieder eine Denksportaufgabe", meint sie.

Deshalb zeigt sie Hundehaltern auf Waldspaziergängen, wie aus Baumstämmen ein Parcours wird. Manchmal organisiert sie einen Mantrail. Zu Beginn der Tour riechen die Hunde an einem Kleidungsstück. "Das ist wie bei der Personensuche der Polizei", erklärt sie. Wenn Besitzer und Hund sich bei der Suche Mühe geben, spüren sie eine Freundin von Pechloff in einem Versteck auf. Da geraten nicht nur Hundenasen ins Schnüffeln, so mancher Besitzer dürfte den Kitzel aus Kindertagen spüren, als man noch Räuber und Gendarm spielte.

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