Hopfen und Malz:Sicher ist nur der Rausch

Bei der traditionellen Verkostung der sechs Münchner Wiesnbiere finden die Brauer blumige Worte und sticheln gegen die Konkurrenz. Wiesn-Chef Josef Schmid hat zwei klare Favoriten

Von Franz Kotteder und Andreas Schubert

Es ist ja nicht so, dass sie kurz vor dem Start der Wiesn nichts zu tun hätten. Dennoch ist die alljährliche Bierprobe im Bier- und Oktoberfestmuseum für die Münchner Brauer und Wiesnwirte ein Pflichttermin, bei dem sich noch einmal alle auf engsten Raum in einer mittelalterlichen Stube des denkmalgeschützten Museums in der Sterneckerstraße zusammenquetschen, um Nettigkeiten auszutauschen und sich gegenseitig zu tratzen, also kleine Sticheleien auszuteilen. Geht es doch um Geselligkeit und darum zu demonstrieren, dass man bei aller Konkurrenz im Alltag während des Oktoberfests dann doch nicht wirklich im gegenseitigen Wettbewerb steht. So kommt es Außenstehenden zumindest vor - und wenn man ehrlich ist: Ein jeder hat noch sein Zelt stets vollbekommen, ganz gleich ob er nun Spaten ausschenkt, Löwenbräu, Paulaner, Augustiner, Hofbräu oder Hacker-Pschorr.

Es gibt ja die merkwürdigsten Theorien, was das Wiesnbier angeht. Die einen sagen, sie würden ihre Marke mühelos in einer Blindverkostung erkennen (was in der Praxis regelmäßig schiefgeht), die anderen behaupten, das Wiesnbier schmecke bei jeder Brauerei jedes Jahr anders (was schon eher in den Bereich der Wahrheit kommt). Alle Braumeister aber freuen sich jedes Jahr wieder, wenn sie fürs Oktoberfest brauen, weil sie dann zeigen dürfen, was sie können, und nicht den üblichen Mindeststandard erfüllen müssen, den es braucht, um ein möglichst breites Publikum zu bedienen und auch den Controller zu befriedigen. Und sie reden meist auch gerne und viel darüber, was sie da produzieren, oft sogar in ausgesprochen blumigen Worten. Was den Sprecher der Wiesnwirte, Toni Roiderer, bei der Bierprobe am Montag zu der Erkenntnis verhilft: "Im Wein liegt Wahrheit, heißt es. Im Bier kann sie jedenfalls nicht liegen, so wie hier gelogen wird!"

Hopfen und Malz: Stolz präsentieren die Brauer ihre Biere für das Oktoberfest.

Stolz präsentieren die Brauer ihre Biere für das Oktoberfest.

(Foto: Robert Haas)

Die sechs großen Brauereien verkaufen zusammen bei jeder Wiesn etwa sieben Millionen Mass. Das ist eine ganze Menge, weshalb eben nur die sechs großen, "leistungsfähigen" Münchner Brauereien auf der Wiesn ausschenken dürfen. Die immer mehr werdenden Craft-Beer-Brauereien der Stadt sind so winzig im Vergleich, dass sie die während einer Wiesn benötigte Biermenge niemals liefern könnten. Höchstens Giesinger schließt eine Bewerbung für die Wiesn in ein paar Jahren nicht aus. Dafür muss die Brauerei allerdings erst noch um einiges wachsen, um den Ausstoß auf eine Mindestmenge steigern zu können.

So bleibt es eben vorerst bei den etablierten Marken aus München. Zahlreiche Versuche anderer großer Brauereien von außerhalb, auf dem Oktoberfest Bier verkaufen zu dürfen, sind stets gescheitert - auch vor Gericht.

Früher haben sie auf der Wiesn hauptsächlich Märzen-Bier verkauft. Das ist mit der Zeit nach und nach durch das hellere Wiesnbier ersetzt worden. Nur das Wiesnbier von Hacker-Pschorr erinnert mit seiner etwas kräftigeren Farbe an die früheren Biere. Dennoch ist es eine hellere Märzen-Variante. Im Flaschenverkauf gibt es neben diesem Wiesnbier auch noch ein roteres "Oktoberfest-Märzen". Unabhängig von der Farbe muss das Wiesnbier kräftiger sein als ein normales Lager. Ein Stammwürzegehalt von 13,5 Prozent ist vorgeschrieben. Entsprechend aromatischer ist das Wiesnbier denn auch. Glaubt man Braumeister Harald Stückle von Spaten, so ist das Wiesnbier heutzutage in Sachen Stammwürze sogar noch stärker als in früheren Zeiten.

Hopfen und Malz: Wenn die Wiesn startet, haben die Bedienungen deutlich schwerer zu tragen. Bei der Bierprobe gab es für die Gäste noch kleine Krüge.

Wenn die Wiesn startet, haben die Bedienungen deutlich schwerer zu tragen. Bei der Bierprobe gab es für die Gäste noch kleine Krüge.

(Foto: Robert Haas)

Das Ansetzen des Sudes für das Oktoberfest ist für die Brauer jedes Jahr wieder ein "Highlight". So sagt es zumindest Bernd Kräussel, der dieses Jahr erstmals bei Löwenbräu für das Wiesnbier verantwortlich ist. Andreas Steinfatt, Hacker-Chef und Vorsitzender vom "Verein Münchener Brauereien", nennt den Brauer denn auch einen "Novizen" in der geselligen Runde, ebenso wie Braumeister Rainer Kansy von Hacker-Pschorr und Martin Leibhard von Augustiner. Der ist zwar eher als Geschäftsführer von Augustiner bekannt, aber eben auch ein gelernter Braumeister. Die Lehre absolvierte er ausgerechnet bei Hofbräu. "Aber man muss sich ja auch weiterentwickeln", scherzt er.

So wechseln bei der Bierprobe gegenseitiges Aufziehen und nachfolgendes Loben des eigenen Produkts bei gleichzeitiger Betonung der hohen Qualität aller Biere einander ab. Die neutralen Gäste, wie etwa Wiesnstadtrat Otto Seidl (CSU), drücken sich meist diplomatisch um eine Antwort nach ihrem Favoriten herum. Nur der Zweite Bürgermeister und Wiesnchef Josef Schmid (CSU) legt ein "klares Bekenntnis zu Hacker-Pschorr und Spaten" ab, witzelt dann aber auch: "Alle Wiesnbiere sind absolut sicher, entgegen allen Verlautbarungen der Presse." Was genau darunter zu verstehen ist, fasst wiederum Steinfatt zusammen: "Sicher ist vor allem eines: Nach zehn Mass hat jeder einen Rausch."

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