Die anhaltenden Regenfälle der vergangenen Tage haben Loisach und Isar auf Pegelstände anschwellen lassen, die noch über denen des Pfingsthochwassers 1999 liegen. Der Sylvensteinspeicher, der München vor der Überflutung schützt, drohte gestern überzulaufen und wurde deshalb kontrolliert abgelassen. Im Stadtgebiet wurde mit einem Rekordpegelstand von bis zu fünf Metern gerechnet.
Die Lage in München sei "angespannt, aber noch nicht ernst", sagte der Sprecher des Münchner Wasserwirtschaftsamts, Matthias Junge, gestern Nachmittag. Um 16 Uhr stand der Pegel bei 3,36 Meter, also knapp unter der Hochwassermeldestufe 3. Dabei sollte es aber nicht bleiben. Junge befürchtete einen Anstieg des Pegels auf fünf Meter in den Abendstunden.
Die Angst vor dem Fünf-Meter-Pegel
Damit würde die Marke des Pfingsthochwassers von 1999, bei dem ein Pegel von 4,70 Metern erreicht wurde, deutlich überschritten. "Die weitere Entwicklung hängt vom Abfluss aus dem Sylvensteinspeicher und den noch kommenden Niederschlägen ab", so Junge.
Sylvensteinspeicher als Puffer
Der Sylvensteinspeicher nimmt die Zuflüsse in die Obere Isar auf und puffert den Isarfluss ab - gestern Nachmittag allerdings war der Speicher schon randvoll. Ursache für das schnelle Steigen der Pegel und das Anfüllen des Speichers waren die Niederschläge von ungewöhnlich hoher Intensität über dem Westalpenraum, die zum Anschwellen aller Flüsse und Bäche führten. Davon ist auch die Isar mit ihren Haupteinzugsgebieten im Wetterstein und im Karwendel betroffen.
Gestern Nachmittag flossen dem Sylvensteinspeicher 1000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde zu, weswegen schließlich ein kontrollierter Abfluss von 200 Kubikmetern pro Sekunde gestartet wurde, um ein Überlaufen des Speichers zu verhindern. Zu diesen Wassermengen kommen auf dem Weg nach München noch die Massen aus der Loisach, die fast gänzlich ohne Zwischenspeicher in die Isar fließen.
Wenig Spielraum beim Pegelstand
Ein Pegelstand von fünf Meter sei für München allerdings noch nicht kritisch, sagt Junge. Nasse Keller seien bei dieser Marke nirgends zu befürchten, die Hochwasserwiesen hätten genügend Kapazität, diese Wassermengen aufzunehmen. Am Nachmittag rechnete Junge damit, dass es bei fünf Metern bleiben werde - auch weil sich nach Wettervorhersagen das Tief "Norbert" nach Osten verlagern werde.
Was aber auch zu hoffen sei - denn viel Spielraum gebe es bei fünf Meter nicht mehr. Bei 5,20 Meter werde ein Durchfluss von 1000 Kubikmetern pro Sekunde erreicht - und die Isarauen seien auf einen maximalen Durchfluss von 1100 Kubikmetern ausgelegt.
Thalkirchner-Brücke vorsorglich gesperrt
Vorsorglich wurde am Nachmittag die Thalkirchner Brücke gesperrt. "Das ist die schwächste Münchner Brücke", so Junge, es handle sich bei der Sperrung aber um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Die Isar bringe derzeit große Baumstämme mit sich. Würden sich diese vor den Brückenpfeilern verkanten, bestünde die Gefahr, dass sich zu viel Wasser aufstaue. Dann müsste die Feuerwehr von der Brücke aus die Baumstämme entfernen. Um schnell handeln zu können und keine Autos auf der Brücke zu haben, sei die Zufahrt gesperrt worden.
Junge warnte eindringlich davor, sich den Hochwassergebieten mehr als nötig zu nähern. "Die Lage kann sich manchmal sehr schnell ändern." Und wer in diese reißenden Massen falle, komme mit Sicherheit nicht mehr heraus.
Die Zugänge zu den Überlaufwiesen wurden mit Absperrbändern abgeriegelt, die Obdachlosen, die normalerweise unter den Isarbrücken wohnen, wurden in Notunterkünfte gebracht. Unterstützung bekamen die Betroffenen schon gestern in den frühen Morgenstunden von den Sozialarbeitern der Teestube "Komm".
Die Münchner Feuerwehr hatte gestern im Stadtgebiet nur sechs hochwasserbedingte Einsätze, verstärkte aber die Helfer im Raum Murnau.