Ottobrunn:Mordverdacht: Hilfspfleger arbeitete in 67 Einrichtungen

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  • Ein Hilfspfleger soll in Ottobrunn bei München einen Rentner mit Insulin getötet haben. Nach neuen Erkenntnissen der Ermittler könnte er an 67 Orten in Deutschland tätig gewesen sein.
  • Die Staatsanwaltschaft legt dem 36-Jährigen bislang einen vollendeten Mord zur Last sowie mehrere Mordversuche.
  • Der Beschuldigte arbeitete offenbar jahrelang ungehindert als Hilfspfleger, dabei hätte es Gelegenheiten gegeben, ihn schon früher zu stoppen.

Der Hilfspfleger, der in Ottobrunn bei München einen Rentner mit Insulin getötet haben soll, war nach neuen Erkenntnissen der Ermittler an 67 Orten in Deutschland tätig. Das bedeute aber nicht, "dass wir in jedem Fall einen Mordversuch annehmen", sagte am Donnerstag die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I, Anne Leiding. Die Strafverfolger legen dem 36-Jährigen bislang mehr als einen vollendeten Mord zur Last sowie mehrere Mordversuche. Zu diesen Erkenntnissen seien die Ermittler unter anderem durch Obduktionen gekommen, sagte Leiding. Zudem verfolgten die Ermittler zahlreiche Diebstähle: Der Beschuldigte soll seine Opfer vergiftet, getötet und dann ihre Wertsachen mitgenommen haben.

Seit seiner Festnahme in Ottobrunn im Februar sitzt der 36-Jährige in Untersuchungshaft. Laut Staatsanwaltschaft hat er zugegeben, dem 87-jährigen Rentner mindestens zweimal das Hormon Insulin verabreicht und ihn später bestohlen zu haben. Seitdem schweigt er allerdings. Immer wenn die Ermittler einen weiteren Ort herausfinden, in dem der Hilfspfleger tätig gewesen ist, versuchen sie die dortige Bevölkerung zu informieren - um so vielleicht Hinweise auf neue Verbrechen zu erhalten.

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Ein 84-Jähriger kommt im Landkreis Kitzingen ums Leben - die Obduktion ergibt: Er starb nicht eines natürlichen Todes. Zuvor wurde er vom tatverdächtigen Grzegorz Stanislaw Wolsztajn betreut.

Von Thomas Schmidt

Die Spur des Manns, der über Vermittlungsagenturen aus Polen und der Slowakei kurzfristige Anstellungen in Deutschland fand, führt quer durch die Republik: vom Breisgau bis Berlin, von Kassel bis in die Nähe von Bremen. Meist war er nur wenige Tage für eine Person tätig, weil er kurz nach Dienstantritt entlassen wurde oder plötzlich verschwand. Angehörige der Gepflegten beschrieben den Hilfspfleger als aggressiv.

Der Beschuldigte arbeitete offenbar jahrelang ungehindert als Hilfspfleger, dabei hätte es Gelegenheiten gegeben, ihn schon früher zu stoppen. Einen Todesfall aus dem Kreis Mühlheim an der Ruhr stuft die Staatsanwaltschaft als Mordversuch ein, da sich bislang nicht beweisen lässt, dass der Rentner im Mai 2017 an Insulininjektionen gestorben ist. Die Tochter des Mannes hatte allerdings Anzeige gegen den Pfleger erstattet, da sie ihn verdächtigte, falsche Medikamente gegeben zu haben. Die Ermittler erließen damals keinen Haftbefehl, der Verdächtige tauchte unter. Auch im Landkreis Mainz-Bingen geriet er unter Verdacht, seine Pflegeperson bestohlen zu haben. Die Mainzer Ermittler suchten nach ihm, fanden aber nichts. Wenige Tage später starb die Pflegeperson.

Neben dem Fall in Ottobrunn hat die Münchner Staatsanwaltschaft bislang Anhaltspunkte, dass der 36-Jährige auch einen 84 Jahre alten Mann in Kitzingen ermordet haben könnte. Die Leiche des Rentners wurde exhumiert, die Rechtsmedizin kam zu dem Schluss, dass er keines natürlichen Todes gestorben sei. Auch im baden-württembergischen Waiblingen, in Weilheim und Aresing in Oberbayern kamen nach Polizeiangaben Pflegebedürftige ins Krankenhaus, während sie von dem Mann betreut wurden. Das Auffallende: Bei allen wurden nicht erklärbare, extrem niedrige Blutzuckerwerte festgestellt. Dabei hatte keiner Diabetes.

© SZ vom 22.06.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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