Hilfe im Winter:Niemand darf in München erfrieren

ZOB-Angels. Sie kümmern sich um die Flüchtlinge, die dort stranden, warten, ankommen, weiterreisen wollen. Sie sprechen die Flüchtlinge an, verteilen Essen, Tee, warme Kleidung.

Wer obdachlose Menschen bei den derzeitigen Temperaturen auf der Straße sieht, sollte den Kälteschutz informieren.

(Foto: Florian Peljak)
  • Selbst bei zweistelligen Minustemperaturen weigern sich manche obdachlose Menschen in München, eines der städtischen Hilfsangebote anzunehmen.
  • Seit 2012 und der Einführung des Kälteschutzes, ist in München niemand mehr erforen.
  • Wer obdachlose Menschen in Not sieht, sollte Polizei oder Rettungsdienst rufen.

Von Sven Loerzer

Trotz des strengen Frostes und eisigen Windes nächtigen noch immer Menschen auf der Straße - in Unterführungen, Hauseingängen und Parks. "Wir wissen nicht, wie viele Menschen es sind", sagt Anton Auer, Leiter der Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe für Männer beim Evangelischen Hilfswerk. Zwar sind die Streetworker der "Teestube komm" und auch von "Schiller 25" Tag für Tag unterwegs, um Menschen, die draußen nächtigen, anzusprechen und auf Hilfsangebote hinzuweisen, wie etwa das Kälteschutzprogramm.

Selbst bei diesen zweistelligen Minustemperaturen aber weigern sich manche Menschen, in den Kälteschutz zu gehen - häufig, weil sie psychische Probleme hätten und auch suchtkrank seien. "Wir können nur eingreifen, wenn Leib und Leben bedroht sind", sagt Auer.

Zwar sind die regulären Einrichtungen und auch die Beherbergungsbetriebe mit den etwa 9000 Wohnungslosen, die von der Stadt untergebracht werden, schon gut ausgelastet. Doch das von der Stadt im Jahr 2012 gestartete Kälteschutzprogramm, das vor allem obdachlosen Zuwanderer einen warmen Schlafplatz bieten soll, verfügt über ausreichend Kapazität.

Wenn die Beratungsstelle für obdachlose Zuwanderer, "Schiller 25", um 13 Uhr öffnet, ist der Andrang gleich groß, obwohl die Stelle erst um 21 Uhr schließt: Denn dort wird die Einweisung für den Kälteschutz, befristet auf sieben Tage, ausgestellt, die den Menschen einen Schlafplatz in der ehemaligen Bayernkaserne sichert. Bis zu 850 Menschen könnten in den Räumen, die von 17 bis sieben Uhr geöffnet sind, übernachten. Zwischen 450 und 500 Menschen sind es derzeit jede Nacht.

Von der Idee, U-Bahnhöfe oder Zwischengeschosse die Nacht über offen zu halten, hält Auer nichts: "Ein warmer Platz mit einem Bett ist viel menschenwürdiger." Im Winter 2016/17 waren im Durchschnitt 333 Betten pro Nacht belegt. Sollten die Plätze nicht ausreichen, könnte die Stadt noch den Tiefbunker an der Elisenstraße mit 120 Not-Plätzen aufsperren.

Ohne Heizung

Ausgerechnet zum Start in die kalte Winterwoche ist im Sozialbürgerhaus Plinganserstraße im größten Teil des Gebäudes die Heizung ausgefallen. Aufgrund des "damit verbundenen heftigen Temperaturabfalls", wie die Stadt mitteilte, blieb das Sozialbürgerhaus in Sendling am Montag geschlossen, die Mitarbeiter wurden nach Hause geschickt. Das Sozialbürgerhaus ist zuständig für alle sozialen Leistungen und Jobcenter-Angebote für Bürger, die in Thalkirchen, Obersendling, Fürstenried, Forstenried, Solln und Hadern wohnen. Wie lange die Reparatur der Heizung und damit die Schließung des Hauses dauert, war am Montagabend noch unklar. Für Notfälle ist das Sozialbürgerhaus Sendling-Westpark unter der Telefonnummer 089/233-96809 erreichbar. loe

Zurückgegangen ist die Zahl der Familien im Kälteschutz: Derzeit sind dort vier mit insgesamt neun Kindern untergebracht. Tagsüber kümmert sich "FamAra", die Migrationsberatung wohnungsloser Familien beim Evangelischen Hilfswerk, um die Beratung und Betreuung der Familien.

Nach der Nacht im Kälteschutz suchen viele Menschen das Haneberghaus der Abtei St. Bonifaz auf. Der Andrang ist groß: Dort erhalten sie kostenlos eine warme Mahlzeit, können sich duschen und ärztliche Hilfe erhalten. Wenn der Speisesaal um 14 Uhr schließt, öffnet die "Teestube komm" ihre Tür, ein Tagesaufenthalt für Obdachlose, die dort bis um 20 Uhr bleiben können. Hier gibt es Beratung, die Möglichkeit zu duschen und Wäsche zu waschen.

"Die Teestube ist immer knallevoll, selbst im Sommer", sagt Auer. Vor Kurzem hat deshalb der Stadtrat beschlossen, einen weiteren Tagesaufenthalt für Obdachlose einzurichten, Träger wird die Arbeiterwohlfahrt sein. Die Suche nach geeigneten Räumen gestaltet sich allerdings nicht einfach.

Seit die Stadt den Kälteschutz eingerichtet hat, gab es in München keinen Erfrierungstod mehr auf der Straße, wie Auer sagt. Die Streetworker kennen viele versteckte Schlafquartiere, Sicherheit, dass es alle sind, gibt es aber nicht. Wer einen obdachlosen Menschen sieht, der in Not ist, sollte daher die Polizei oder den Rettungsdienst rufen, rät Auer, damit dann die Hilfebedürftigen in den Kälteschutz kommen.

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