Herzogpark:Luxus mit Understatement

Wo bis vor kurzem eine alte Villa stand, hat an der Kolbergerstraße 5 der Bau eines neuen Wohnhauses begonnen. Der Entwurf für das Gebäude stammt von dem bekannten britischen Architekten David Chipperfield

Von Alfred Dürr, Herzogpark

Die Nachbarn gingen auf die Barrikaden, die Stadt lieferte sich mit dem Investor einen jahrelangen Rechtsstreit, Denkmal-Fachleute kamen zu unterschiedlichen Bewertungen: Über kaum ein anderes Immobilienprojekt in München gab es so heftige Auseinandersetzungen wie über die Zukunft der damals 90 Jahre alten Villa mit großem Garten an der Kolbergerstraße 5 im vornehmen Stadtteil Herzogpark. Denkmal ja oder nein, darf das Haus abgerissen und durch einen sehr viel größeren Neubau ersetzt werden? Das war die Kernfrage. Am Ende verließ Stefan Höglmaier mit seinem Unternehmen Euroboden als Sieger das Feld. Die Villa gibt es nicht mehr, der Kampf um das alte Gebäude ist Geschichte.

Am Beginn der Kolbergerstraße tut sich eine riesige Baugrube auf. Gerade wird an den Kellergeschossen gearbeitet; Ende 2020 soll das Wohnhaus fertig sein. Was hier geplant ist, solle mit seinen großzügigen Grundrissen für die Wohnungen, bei der Innenarchitektur und bei der Ausstattung neue Maßstäbe für die Münchner Wohnkultur setzen, sagt Stefan Höglmaier. Der Entwurf für das Gebäude stammt von dem bekannten britischen Architekten David Chipperfield. Er nennt sein Projekt einen "zeitgenössischen Palazzo". Viel luxuriöser geht es wohl auch kaum noch - und das müssen sich künftige Eigentümer auch viel kosten lassen. Die Quadratmeterpreise starten bei 20 000 Euro. Das Entrée besteht aus einer zweigeschossigen Eingangszone mit dem Concierge-Bereich. In der mehr als sechs Meter hohen Halle kontrastieren Naturstein-Platten mit Eichenholz-Vertäfelungen. Die beiden Townhouses links und rechts dieses Bereichs erstrecken sich über drei Etagen und sind als Haus im Haus konzipiert.

Neubau Herzogpark

Neue Architektur in einer der vornehmsten Gegenden der Stadt: Am südlichen Eingang des Herzogparks entsteht neben denkmalgeschützten Gründerzeitbauten dieser Wohnkomplex mit zwei Townhouses, großzügigen Wohnungen und einem Penthouse.

(Foto: Euroboden)

Die Wohnungen im zweiten und dritten Obergeschoss sollen mit ihrer Großzügigkeit an repräsentative Altbau-Wohnungen erinnern. Aber selbst das lässt sich noch steigern - mit dem Penthouse im vierten und fünften Obergeschoss, das die Fläche einer Villa umfasst. Es gibt dort raumhohe Fenster, Terrassen, Loggien sowie einen Salonbereich. Die beiden Etagen sind durch Lichthöfe miteinander verbunden.

Im Vergleich zur abgerissenen Villa ist das Volumen für den Neubau um ein vielfaches höher. Tatsächlich entspricht dieser "Wohnpalast" den Dimensionen und der Formensprache des frühklassizistischen Prinz-Carl-Palais' am Hofgarten. Bei flüchtiger Betrachtung der Computersimulation kann man vielleicht denken: Was für ein gewöhnlicher Klotz soll hier im Herzogpark entstehen!

Das wäre freilich eine oberflächliche Beschreibung. Höglmaier und Chipperfield haben den Anspruch, in der großbürgerlichen Nachbarschaft eine zeitgemäße und architektonisch überragende Antwort auf die traditionelle Villenarchitektur zu finden. Viele der städtischen Wohnhäuser des 19. Jahrhunderts verfügten über Dekorationen und einen expressiven Charakter, sagt Chipperfield. Auf diese Typologie, die ihren Ausdruck über Ornamentik fand, wolle man mit einer modernen Form reagieren.

Walmdachvilla an der Kolbergstraße in München, 2013

Streitobjekt über viele Jahre hinweg: Die Walmdach-Villa an der Kolbergerstraße stammte aus dem Jahr 1923. Sie musste dem Neubau weichen.

(Foto: Jakob Berr)

Nicht durch Dekoration, sondern über die Mittel der Komposition, der Proportionen und der Materialbehandlung soll ein visuell ansprechendes Gebäude entstehen. Luxus hat für Chipperfield eine spezielle Bedeutung. Es reiche nicht, einfach nur eine Menge Marmor zu verbauen. Es gehe um Raum, Licht und Blickverbindungen - oder darum, wie eine Wand gebaut sei. Das seien leise Qualitäten, sagt der Architekt, die sich aber schwer im Vorfeld eines Bauprojekts vermitteln ließen.

Die Kolbergerstraße verändert sich. Ihm sei es wichtig gewesen, sagt Stefan Höglmaier, für die außergewöhnliche Situation im Herzogpark eine Architektur zu finden, die gleichermaßen auf Qualität und Understatement setze: "Die Stärke des Hauses liegt für mich in der Präsenz, die es hat, obwohl - oder gerade weil - es auf jeden vordergründigen Luxus verzichtet."

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