Herbst:In Nymphenburg wird abgefischt

Herbst: Im Frühjahr werden die Fische ausgesetzt und im Herbst verkauft.

Im Frühjahr werden die Fische ausgesetzt und im Herbst verkauft.

(Foto: Catherina Hess)

Bevor der Winter kommt, holen Fischer frische Fische aus den Kanälen, Bächen und Teichen des Schlossparks. Ihr Fang schmeckt den Münchnern - zum Beispiel in Mohnkruste.

Von Gerhard Fischer

Um neun Uhr beginnt der Verkauf, und um neun Uhr stehen schon 50 Leute an dem kleinen Stand vor dem Johannisbrunnhaus. "Ich komme fast jedes Jahr", sagt Marcus Bayerlipp. "Es ist was Besonderes, Fische aus den Nymphenburger Gewässern zu essen - und sie sind wahnsinnig frisch." Bayerlipp, der aus Laim herüber gekommen ist, möchte Karpfen kaufen. Und Aal. Aber momentan zappelt kein Aal in dem Bottich vor dem Stand.

Jedes Jahr im Herbst findet das sogenannte Abfischen im Schlosspark Nymphenburg statt. Zunächst werden die Kanäle, Bäche und Teiche abgelassen. Dann holen Fischer des Fischereivereins Odelzhausen, der die Gewässer gepachtet hat, die Tiere heraus, sortieren sie und werfen sie schließlich in den Bottich vor dem Verkaufsstand. Dort können die Kunden ihre Fische auswählen. Als sie gewogen werden, schlagen sie noch mit den Flossen. Danach werden die Tiere von den Fischern getötet, geschlachtet und ausgenommen. Dann kann man sie mitnehmen.

Um 20 nach neun ist die Menge vor dem Stand weiter angewachsen. "Das geht jetzt bis Mittag so", sagt die Verkäuferin, die gerade einen älteren Herrn bedient. Der Mann hat das Portemonnaie geöffnet und kann das Kleingeld nicht finden. "Derf i in Ihren Geldbeutel neiglanga?", fragt die Verkäuferin, die dem Fischereiverein Odelzhausen angehört.

Der Mann nickt. Hinter der Frau hängt eine Liste an der Wand, die Preisangabe gilt pro Kilogramm: "Karpfen 6,50 Euro, Schleie zehn Euro, Graskarpfen sechs Euro, Aal 20 Euro, Hecht 17 Euro und Zander 24 Euro." Außerdem liegen Papiere mit Rezepten auf dem Tresen. Man kann sie mitnehmen und daheim "Gebackenen Karpfen in der Mohnkruste mit blauem Kartoffelsalat" zubereiten.

Herbst: Die Fische in den Gewässern von Nymphenburg.

Die Fische in den Gewässern von Nymphenburg.

(Foto: Catherina Hess)

Wenige Meter vom Verkaufsstand entfernt, im rechten Schlossgartenkanal, holen die Fischer Tiere aus dem Wasser. Ein Mann und sein kleiner Sohn schauen zu. "Das Wasser ist weg", sagt der Vater, was nicht ganz stimmt: Es ist noch Wasser im Kanal, aber deutlich weniger als sonst; den Fischern reicht es bis an die Knie. "Die Fische und die Enten haben kein Wasser mehr", antwortet der Junge. Er klingt besorgt. "Weil die Fische kein Wasser mehr haben, werden sie rausgefischt", erklärt der Vater. "Und die Enten?", fragt der Sohn. "Ach, die Enten brauchen kein Wasser", sagt der Vater.

Die Fischer sind mit Käschern im Kanal, hinter ihnen ziehen zwei Kollegen ein Floß. "Auf dem Floß und auf den Käschern ist Strom", sagt ein Fischer, der die gefangenen Tiere am Ufer entgegennimmt; "es entsteht im Umkreis von etwa fünf Metern ein Spannungsfeld, die Fische bekommen einen Schlag und sind kurzzeitig gelähmt." Dann werden sie gefangen, auf Autos geladen und zum Verkaufsstand gefahren. "Natürlich erwischen wir nicht alle", sagt der Fischer, "aber ich denke, wir werden heute bis zu 500 Fische verkaufen." Und im nächsten Frühjahr werden sie dann wieder neue Tiere einsetzen, wie jedes Jahr.

Im Schlosspark laufen Jogger, Touristen und Flaneure herum, wie an jedem anderen Samstagvormittag. Asiaten machen Fotos, ein paar Münchner hüpfen lachend in den Kanal - ganz am Rand ist kein Wasser mehr. Es ist 10.30 Uhr. Vor dem Verkaufsstand ist die Menge immer noch groß. Eine Asiatin macht ein Selfie - von sich und dem Bottich.

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