Hells Angels vor Gericht:Schweigsame Rocker

Urteil im Prozess um Rockermord

Vier Hells Angels stehen in München wegen Überfalls auf Bandidos vor Gericht.

(Foto: dpa)

Mitglieder des Rocker-Clubs Hells Angels sollen Männer der verfeindeten Gang Bandidos in einer Bar überfallen und schwer verprügelt haben. Nun stehen vier Rocker wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht - und verweigern die Aussage.

Von Christian Rost

Die vier Rocker auf der Anklagebank am Landgericht München I sehen zwar noch immer verwegen aus mit ihren großflächigen Tätowierungen. Sie zeigen sich aber ausgesprochen freundlich gegenüber Rosi Datzmann, der Vorsitzenden der zwölften Strafkammer. Auf die Frage der Richterin, ob sie die Belehrung verstanden hätten, wonach sie nichts zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft zu sagen bräuchten, nicken die Mitglieder der Hells Angels erst freundlich, ehe sie nichts sagen.

Überhaupt begann der Prozess um einen mutmaßlichen Angriff der Rocker auf drei Mitglieder der Bandidos in einem Tabledance-Lokal am Hauptbahnhof recht entspannt am Montag im Strafjustizzentrum. Immerhin standen im Mittelpunkt des Geschehens gleich mehrere gewichtige Jungs aus dem berüchtigten Rocker-Milieu. Aber sowohl bei der Sicherheitskontrolle vor dem Verhandlungssaal wie auch beim Aufgebot an Justizwachtmeistern hatte das Gericht lediglich das Normalprogramm angeordnet. In vergleichbaren Fällen waren schon halbe Hundertschaften der Polizei ins Gericht geeilt, wenn der Begriff "Rocker" im Zusammenhang mit einem Verfahren nur auftauchte.

Im aktuellen Fall sitzen also vier Männer im Alter von 31 bis 49 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung auf der Anklagebank. Sie sind den Hells Angels zuzuordnen, wobei zwei Angeklagte Führungskräfte der Vereinigung in München gewesen sein sollen. Gegenüber der Anklagebank, auf Seiten der Nebenklage, hätte eigentlich ein Mitglied der Rockergruppierung Bandidos Platz nehmen sollen.

Am Montag erschien aber nur dessen Anwalt. Der Jurist erklärte, sein Mandant habe keine Ladung zur Verhandlung erhalten. Deshalb erscheine er auch nicht als Zeuge. Der Bandido ließ ausrichten, dass er eine Firma leiten müsse und deshalb die nächsten Tage keine Zeit fürs Gericht habe. Richterin Datzmann irritierte das offensichtlich geringe Interesse des Hauptopfers an diesem Prozess. Und dann meinte die Vorsitzende, dass man es sich als Zeuge übrigens nicht aussuchen könne, wann man vor Gericht erscheine. Nun soll der von den Hells Angels am 6. April 2013 schwer verprügelte Österreicher in einer Woche als Zeuge gehört werden.

Von den vier Angeklagten erfuhr das Gericht nicht viel am ersten Verhandlungstag. Warum zehn Hells Angels in die Bar "Bad Angel" gestürmt waren, wo die drei Bandidos schon intensiv gefeiert hatten? Warum insbesondere ein Bandido besonders brutal verprügelt wurde? Ermittlungen gegen Rocker - Münchner Hells Angels lösen sich aufZu all diesen Fragen nur eine Antwort: Der Angeklagte Michael M., 43, verwies auf seine Aussage bei der Polizei, wonach er alle Verantwortung auf sich nimmt. Die Hells Angels seien auf seine Initiative hin in die Bar gegangen und "tätlich geworden". Der Grund für die Tätlichkeit sei "privat".

M. ist auch der einzige in dem Quartett, der am Montag einige wenige persönliche Angaben macht. Vor der Prügelattacke hatte er demnach einen 400-Euro-Job in der Gastronomie, nach seiner Festnahme - die Polizei stürmte nach der Attacke in der Bar das Clubhaus der Hells Angels - nichts mehr. Seine Verlobte unterstütze ihn seither finanziell und "die Mama hat auch geholfen". Der Prozess wird fortgesetzt.

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