Seit dem Wochenende ist die Theresienwiese für gute zwei Wochen das Mekka für hunderttausende Biertrinker und Fahrgeschäfteliebhaber. TÜV-Prüfer Michael Kasper hat dann den Hauptteil seiner Arbeit schon getan. Denn bereits seit Mitte Juli ist Michael Kasper jeden Tag auf dem Festgelände, um Fahrgeschäfte zu testen.
Kasper ist auf dem Weg zur Kontrolle vom High Energy, bei dem die Fahrgäste kopfüber durch die Luft gewirbelt werden. Er trägt einen Blaumann und feste schwarze Schuhe. In der Hand hält er einen silbernen Aluminiumkoffer mit einem blauen Aufkleber mit der Aufschrift "TÜV Süd". In seinem Koffer hat er Gurte, Spiegel, technische Handbücher und eine Taschenlampe.
Kasper klappt beim High Energy die Verriegelung eines Sitzes hoch und schaut sich die Konstruktion genau an. Wenn beim Sitz etwas nicht stimmt, kann das böse Folgen haben. Deswegen dauert die Kontrolle eines einzigen Sitzes ungefähr 15 Minuten. Nacheinander kontrolliert Kasper die Bauteile. Er schaut, ob die Schweißnähte gut gemacht worden sind, ob man Risse oder Rost sieht und ob alle Schrauben voll angezogen sind.
Kasper ist Bauingenieur und arbeitet seit zwölf Jahren als TÜV-Tester für Fahrgeschäfte auf der Wiesn. Es ist das lukrativste Fest im Geschäftsjahr für den TÜV Süd, für den Kasper arbeitet.
Wenn Kasper Fehler bei seiner Arbeit macht, könnte das für Besucher des Fahrgeschäfts schlimme Konsequenzen haben. Wie geht er mit der Verantwortung um? Kasper winkt ab, es scheint, als habe er diese Frage schon tausendmal gestellt bekommen: "Ich bin erfahren."
Um seine Arbeit wird Michael Kasper oft beneidet: Er testet Wiesn-Fahrgeschäfte. Sein Job-Alltag schaut aber anders aus, als die meisten sich das Vorstellen.
Außerdem ist der TÜV auch Geburtshelfer vieler Fahrgeschäfte, die auf der Wiesn stehen. Sie helfen oft schon bei Planung und Entwicklung der Fahrgeschäfte. Zusätzlich gibt es zu jedem Fahrgeschäft ein Handbuch, in dem erklärt ist, wie die Fahrgeschäfte aufgebaut sind. Die Prüfer kennen ihre Fahrgeschäfte sehr genau.
Ein Job als Prüfer ist nichts für Angsthasen. Kasper klettert auf die höchsten Fahrgeschäfte, läuft auf Schienen in 30 Metern Höhe umher und wird bei seinen Kontrollen des öfteren von bellenden Kampfhunden begrüßt. Angst vor Unfällen bei seiner Arbeit hat der 40-Jährige nicht: "Respekt habe ich, keine Angst", sagt er und ergänzt, "Angst ist gefährlich".
Schwindelfrei muss man sein als TÜV-Mitarbeiter, keine Frage. Wenn Kasper auf den Fahrgeschäften in die Höhe klettert und Schrauben oder Schienen begutachtet, sichert er sich mit Gurten ab. Körperliche Fitness ist für Kasper wichtig, denn das Herumkraxeln und Klettern auf den Gerüsten ist anstrengend.
Als nächstes kontrolliert Kasper die Bodenkonstruktion vom High Energy. Er schwingt sich über Absperrungen hinweg und guckt, ob das Fahrgeschäft einen sicheren Stand hat. Alles in Ordnung.
Im letzten Schritt kommt etwas, worum ihn viele beneiden: die Fahrkontrolle. Muße, um die Fahrt zu genießen, hat er dabei aber nicht. Schließlich muss der Prüfer darauf achten, dass die Bremsen richtig funktionieren und dass alle Schienen richtig verlegt sind.
Obwohl die Wiesn-Zeit ihre eigenen Gesetze hat, machen auch die alltäglichen Probleme vor dem Volksfest nicht Halt. "Größer werden die Fahrgeschäfte eigentlich nicht mehr", sagt Kasper. "Die Transportkosten explodieren sonst bei den hohen Benzinpreisen."
TÜV-Prüfer Michael Kasper mag nach zwölf Jahren die Wiesn immer noch - auch wenn es für ihn eine stressige Zeit ist. Sein Lieblingsfahrgeschäft ist nichts Ausgefallenes oder Extremes, sondern ein Klassiker: die Achterbahn.