Heizkraftwerk Nord:Global denken, lokal nichts tun

So weithin sichtbar die Türme des Heizkraftwerks Nord sind, so groß ist die Empörung über die Entscheidung des Münchner Stadtrats, im Block 2 der Anlage auf lange Sicht Steinkohle zu verfeuern

Von Sabine Wejsada

So weithin sichtbar die Türme des Heizkraftwerks Nord sind, so groß ist die Empörung über die Entscheidung des Münchner Stadtrats, im Block 2 der Anlage auf lange Sicht Steinkohle zu verfeuern. Bis 2035 könnten dort 800 000 Tonnen jährlich verbrannt und Unmengen klimaschädliches CO₂ und andere Schadstoffe in die Atmosphäre geschleudert werden.

Alles eine Frage der Kohle, wie der Stadtwerke-Geschäftsführer versichert. Würde Block 2 vorzeitig abgeschaltet, wäre die Münchner Energiewende in Gefahr, die Versorgungssicherheit der Stadt sowieso - und zu allem Überfluss lachten sich auch noch Wettbewerber in anderen Teilen Deutschlands, Europas und der ganzen Welt ins Fäustchen, weil die SWM so edelmütig oder naiv seien, einen im Vergleich zu anderen Dreckschleudern sauberen Kohleblock ohne Not vom Netz zu nehmen. Und damit Verluste in Millionenhöhe einzufahren.

Global denken, lokal handeln. Dieses 1992 auf der Weltklimakonferenz von Rio beschlossene Leitbild scheint für die Münchner nicht zu gelten. Auf lokales Handeln verzichtet man weitgehend: In der Unterföhringer Anlage wird weiterhin Steinkohle verbrannt, weil es sich eben rechnet. Ist doch egal, ob die Menschen in den Anrainer-Kommunen sich daran stören und um das Klima oder ihre Gesundheit fürchten.

Die betroffenen Bürger und ihre gewählten Vertreter setzen im Kampf gegen das CO₂ immer noch auf Kleinklein. Jeder kocht sein eigenes Süppchen und bestellt SWM-Geschäftsführer Stephan Schwarz zum Rapport ein: Die Unterföhringer holen ihn in den Gemeinderat, die SPD in Ismaning bittet ihn zur Podiumsdiskussion, der Bogenhauser Bezirksausschuss schließt sich den wohlformulierten Resolutionen der Kollegen jenseits der Stadtgrenze gerne und wortreich an. Dabei wäre nur eins erforderlich: ein breites Bündnis gegen die weitere Verbrennung von Steinkohle direkt vor der Haustür. Denn genau dort kommt er herunter, der ganze Dreck.

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