Heimwerk:Slowfood aus dem Baukasten

Heimwerk: Nicht nur die Optik ist modern, sondern auch das Konzept: Die Gerichte gibt es als Snack oder Mahl.

Nicht nur die Optik ist modern, sondern auch das Konzept: Die Gerichte gibt es als Snack oder Mahl.

(Foto: Stephan Rumpf)

Im Heimwerk in Schwabing soll es um das gute, echte und wahre Essen gehen. Doch bei der Kombination von Slowfood und Fastfood geht nicht immer alles gut.

Von Rosa Marín

Der Münchner Gastronomie haftet ja oft das Etikett an, mehr Schein als Sein zu sein. Ein Restaurant, das mit "Werten" wirbt und diese recht hochgestochen für die Gäste und seine Mitarbeiter formuliert, findet sich aber selbst hier eher selten. "Freude: Bereite Dir und anderen durch Dein Handeln schöne, inspirierende Momente" heißt es da. Oder: "Echtheit: Strebe nach bester Qualität, im Essen und in Beziehungen". Im Heimwerk, einem neuen Restaurant in Schwabing, hat der Chef selbst diese mittelphilosophischen Grundlagen formuliert.

Sein Appell an die Mitarbeiter lautet zum Beispiel so: "Werde Teil von etwas Großem - wir suchen echte Foodies, die Gastgeber mit Teamgeist sein wollen." Wer das Einstellungsgespräch meistert, darf dann zwischen lauter kleinen Gartenzwergen arbeiten, aus Holz versteht sich, reine Deko. Der Chef hier trägt übrigens den wirklich großartigen Namen Archibald Graf von Keyserlingk.

Zu gutem Marketing gehören solche Sprüche, klar. Und unter gutes Marketing fällt zweifellos das Restaurant "Heimwerk", das vor gut einem halben Jahr mitten im besten Schwabing eröffnet hat. Dort, wo sich die Hohenzollernstraße und die Friedrichstraße kreuzen, in einem geräumigen Lokal, das früher das "Egger's" beherbergte. Die Zutaten, mit denen der Graf seine Neueröffnung versieht, sind an Sympathiewerten nicht zu toppen.

Aus regionaler, artgerechter Herkunft, täglich frisch und ohne Tiefkühltruhe. Ja, selbst eine Mikrowelle gibt es hier nicht, wie die sehr aufmerksame und fröhliche Kellnerin versichert. Das "Heimwerk" ist dann auch noch Unterstützer von Slow Food Deutschland, das ist doch auch noch prima. Denn wer hat ernsthaft etwas gegen diese weltweite Bewegung einzuwenden, die sich dem guten, echten und wahren Essen zuwendet. "Es ist nicht nur wichtig, was wir essen, sondern vor allem, wo die Zutaten für unsere Speisen herkommen und wie sie hergestellt werden", heißt es denn auch folgerichtig im Heimwerk.

Das Essen setzt sich nach einer Art Baukastensystem zusammen - und hier wird es dann problematisch, Slowfood und Fastfood unter einen Hut zu bekommen, von der Anmutung her: Die "heimatliche" Küche besteht aus Klassikern wie Schnitzel, Kartoffelpuffer oder Kaiserschmarrn. Die Karte ist klein und übersichtlich und man wählt zwischen Snack oder Mahl. Beispiel Schweineschnitzel: Der Snack kostet 4,70 Euro. Das sind dann zwei dünne, fein panierte Miniaturschnitzel. Das Mahl für 8,70 Euro misst in etwa die doppelte Portion.

Wie bayerische Tapas

Und wenn der Kellner vergisst zu sagen, dass die Beilagen extra bestellt werden müssen, hat man halt das Fleisch (Herkunft Metzgerei Holnburger, Miesbach, Bayern - jawohl) pur auf dem ovalen Teller. Das ist so in der Art wie bayerische Tapas. Es lohnt sich mal mehr, mal weniger, die Beilagen nachzubestellen. Heißes Gemüse, gedünstet und leicht angebraten in der Speisekarte angepriesen (3,90), entpuppte sich als ein Mix aus Zucchini, Karotten, Paprika in Streifen und schmeckte schlapp, ungewürzt und langweilig.

Die Süßkartoffeln beim nächsten Test, die man sich zu allerlei Kalbsschnitzeln reichen ließ, mundeten hingegen bestens, rötlich kross gebraten in weißen Schälchen, ebenso wie die Bratkartoffeln übrigens (3,90 Euro). Den Kartoffelpuffer bestellte sich Rosa Marin ebenfalls als Snack, die kleine Portion für 6,90 Euro. Dazu dünn portionierter Räucherlachs mit Meerrettich-Creme. Eine sehr ansehnliche Sache, und der Puffer war so, wie er sein soll: Die frisch geriebenen Kartoffeln glänzten gülden und knusprig in Öl.

Auf echte Hausmannskost verstehen sich die Burschen in der Küche hier, so auch die Fleischpflanzerl aus Kalbshack, die kleine Portion für günstige 3,50 Euro, die große für 6,40. Das waren dann vier Buletten, ein paar davon ein bissl zu schwarz gebraten, der dazu gereichte Kartoffelsalat dafür schönst mit Liebstöckel verfeinert.

Die Tageskarte variiert wöchentlich mit zwei, drei Gerichten. Da gibt es dann das "Rotschnitzel" vom Schwein mit Rote Beete/Käse-Panade (5,40 oder 9,90) - sehr gut. Auf Schnitzel in allen Varianten verstehen sie sich hier. Man isst bei gedimmter Musik und mattem Licht. Abends funzeln Kerzen auf den Holztischen, darüber wölbt sich recht spektakulär ein Spiegel an der Decke aus einem Stück, er dürfte locker über 15 Meter messen, ein Rätsel, wie man so etwas ohne Bruch aufhängen kann. Die Raumwirkung indes überzeugt.

Als Prototypen wollen die Heimwerk-Macher ihr Lokal verstanden wissen, wer weiß, vielleicht wird ja mal eine Slowfood-Kette daraus? Auch wenn sich dies eigentlich widerspricht, wären die Zutaten vorhanden. So lädt sich eine Plastikkarte am Tisch auf, mit der man dann am Ende des Nachmittags oder Abends an der Kasse bezahlt.

Ja, Plastikkarte und Slowfood, das ist die etwas andere Systemgastronomie, nicht jedem gefällt so etwas. Was noch zu sagen wäre: Der Kaiserschmarrn ist top: die Kruste karamellig, und die große Portion für 9,20 Euro reicht locker für sechs am Tisch, samt grobem Apfelmus mit Zimtduft. Vom Früchteschmaus, einer undefinierbaren Kalorienpampe für 4,60 Euro, sollte man indes die Finger lassen.

Übrigens gibt es das Baukastensystem auch mittags und abends: Ein Mahl nach Wahl plus Beiwerk, also Beilage, plus Getränk gibt es für 5,50 Euro respektive 7,50 Euro plus Mahlpreis. Wer da nicht durchblickt: Es gibt ja eine Plastikkarte, auf der alles für den Zahlvorgang gespeichert ist.

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