Hebamme unter Verdacht:Münchner Klinikum war gewarnt

Hebamme wegen Mordversuchs im Kreißsaal verhaftet

Großhadern war gewarnt: die Einfahrt des Universitätsklinikums.

(Foto: dpa)

Die Frau könne "zur Gefahr für Patientinnen werden": In einem Brief an das Münchner Klinikum Großhadern warnte der frühere Arbeitgeber vor der Hebamme, gegen die nun wegen mehrfachen versuchten Mordes ermittelt wird.

Von Florian Fuchs

Das Klinikum Großhadern ist viel deutlicher vor der unter vierfachem Mordverdacht stehenden Hebamme gewarnt worden, als bislang bekannt. Das legt zumindest ein Bericht nahe, den das Klinikum in Bad Soden (Main-Taunus-Kreis) am Dienstag veröffentlicht. Dort war die 33-Jährige Regina K. früher angestellt.

In einem Brief an das Klinikum Großhadern warnte der dortige Chefarzt seinen Münchner Kollegen Klaus Friese mit den Worten: "Ich habe die Befürchtung, dass sich Frau K. wieder in unerlaubter und gefährlicher Weise in die geburtshilfliche Betreuung ihrer Patientinnen involviert."

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen die Hebamme, weil sie vier Frauen bei Risiko-Schwangerschaften das blutverdünnende Mittel Heparin gespritzt haben soll. Die Ärzte mussten beim Kaiserschnitt um das Leben der Patientinnen kämpfen, die beinahe verblutet wären. Den Müttern geht es inzwischen wieder gut, auch die Säuglinge sind wohlauf. Die beschuldigte Frau bestreitet die Vorwürfe.

2012 stand die Hebamme schon einmal unter Verdacht

Wie das Klinikum Bad Soden am Dienstag mitteilte, stand die Hebamme im April 2012 unter Verdacht, einer Patientin ein Wehen förderndes Mittel in einer hohen Dosierung verabreicht zu haben. Der Wirkstoff werde bei Fehlgeburten und zur Kontraktion der Gebärmutter nach einer Entbindung in der Geburtshilfe eingesetzt. Keinesfalls, so die hessischen Ärzte, dürfe das Medikament jedoch in der Entbindungsphase zum Einsatz kommen, da es die Wehentätigkeit stark anrege und durch die Druckerhöhung der Gebärmutter das Kind gefährden könne. Die Ärzte retteten Mutter und Kind nach Darstellung der Klinik damals durch einen Kaiserschnitt.

Die Klinikleitung suspendierte die Hebamme, die jedoch bereits am 12. April 2012 gegen die Freistellung Klage einreichte. Bei einer Verhandlung am 30. April des selben Jahres vor dem Amtsgericht Frankfurt erklärte ein Richter die Beweislage für dünn. Hebamme und Klinik schlossen daraufhin einen Vergleich: Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30. Juni 2012 aufgelöst, die Hebamme erhielt eine Abfindung von 10 000 Euro.

Chefarzt und Geschäftsführer äußerten "erhebliche Sorge"

Zudem wurde die Klinik verpflichtet, ihre Vorwürfe gegen die Mitarbeiterin nicht weiter aufrecht zu erhalten und dieser ein wohlwollendes Arbeitszeugnis mit der Note "Gut" auszuhändigen. Trotz dieses Vergleichs unterrichtete das Klinikum Bad Soden die Hebammenaufsicht über den Fall. In dem Schreiben teilten der Chefarzt und der Geschäftsführer der Klinik mit, dass sie in "erheblicher Sorge" seien, "dass Frau K. eine Stelle in einer anderen Klinik antritt und dann wieder zur Gefahr für die Patientinnen werden könnte."

Als die medizinischen Verantwortlichen in Hessen schließlich erfuhren, dass die Hebamme im Klinikum Großhadern eine neue Anstellung gefunden hatte, teilten sie nach eigener Darstellung in einem Brief den dortigen Verantwortlichen ihre Bedenken über die Hebamme mit - und baten eindringlich, sie einer genauen Kontrolle zu unterziehen.

"Es gab kein Urteil und keinen Beweis gegen sie"

Philipp Kreßirer, Pressesprecher des Klinikums Großhadern, bestritt die Darstellung der Klinik in Bad Soden am Dienstagabend nicht. Er betonte aber, dass das Klinikum "aus unserer Sicht das maximal Mögliche" getan habe, um auf die Vorwürfe aus Hessen zu reagieren. Der Brief aus Bad Soden sei acht Wochen nach Einstellung der Hebamme im Klinikum eingegangen.

Die Frau sei deshalb zu einem Personalgespräch gebeten worden, in dem sie die Vorwürfe habe ausräumen können. "Es gab kein Urteil und keinen Beweis gegen sie", sagt Kreßirer. Die heute 33-Jährige habe allerdings seitdem unter Beobachtung gestanden im Klinikum, sich bis zu den Vorwürfen aber nie etwas zu Schulden kommen lassen.

Wie die 33-Jährige in dem Personalgespräch die Vorwürfe gegen sie ausgeräumt haben soll, darüber will das Klinikum keine Auskunft geben. "Personalgespräche sind vertraulich, wir arbeiten hier aber natürlich mit der Staatsanwaltschaft zusammen", sagt Kreßirer. Er weist Spekulationen zurück, wonach das Klinikum wegen des großen Mangels an Hebammen in München aus Angst vor einer personellen Lücke zu lax gehandelt habe. "Es war eine Leistung von uns, die Manipulationen an unseren Patientinnen überhaupt aufzudecken. Wir werden nun alles tun, um auch weiter bei den Ermittlungen zu helfen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: