Hausdurchsuchung:13-Jährige springt aus Angst vor Polizei aus Fenster

Ihren Bruder können die Beamten bei einer Hausdurchsuchung in letzter Sekunde zurückziehen.

Von Martin Bernstein

Eine 13-Jährige ist über eine Drogenrazzia der Polizei in der Wohnung ihrer Familie so erschrocken, dass sie aus einem Fenster im ersten Stock gesprungen ist und sich dabei den Fuß gebrochen hat. Ihren zwölfjährigen Bruder, der ebenfalls bereits auf dem Fensterbrett saß, konnten die Beamten gerade noch zurückziehen.

Schuld an dem dramatischen Verlauf eines Allerweltsfalls für die Drogenfahnder war der 17 Jahre alte Bruder der beiden. Er war von der Polizei beim Marihuana-Dealen erwischt worden, hatte aber nach seiner Festnahme den starken Max markiert und jede Kooperation verweigert. Dass sie in der Wohnung auf seine beiden, von ihm dort zurückgelassenen Geschwister treffen würden, hatte der junge Mann den Polizisten verschwiegen.

Am Dienstag gegen 14.30 Uhr hatten Zivilbeamte den 17-Jährigen dabei beobachtet, wie er auf einer Parkbank auf dem Maximiliansplatz gerade ein Drogengeschäft abwickelte. Er hatte sein Handy neben sich liegen und hantierte mit einer Feinwaage. Dann steckte er eine große Tüte in seine Jackentasche. Neben ihm saß ein weiterer Mann - möglicherweise ein Kunde, ein Mittäter oder ein Großdealer. Ihm gelang die Flucht.

Sein 17 Jahre alter Geschäftspartner dagegen zog alle Register, die die Beamten um Gerhard Berkofsky, den Vizechef des Kommissariats 83, kennen. Er wehrte sich vehement und versuchte, Passanten auf sich aufmerksam zu machen. "Helft mir!", rief der Fachoberschüler. "Die wollen mich schlagen!"

Für Berkofsky ist das eine alte Masche ertappter Drogendealer. Diese hofften offensichtlich, dass dann Unbeteiligte sich einmischen würden und sie im Getümmel die Flucht ergreifen könnten. "Da sind wir drauf vorbereitet", so Berkofsky. Auch auf dem Weg ins Präsidium und dort in die Haftzelle wütete der Jugendliche weiter. Seit ungefähr zwei Jahren kennen Drogenfahnder in München derartige Verhaltensweisen. Fast immer seien es junge Dealer aus dem arabischen Raum, die sich nach diesem Muster verhielten.

Insofern passt der 17-Jährige nicht ganz in das Schema: Der Tatverdächtige wurde als Sohn von Immigranten in München geboren. Inzwischen wissen die Drogenfahnder aber, dass er im Sommer mit jungen Flüchtlingen aus dem Herkunftsland seiner Eltern herumzog. Und dass diese ebenfalls Marihuana verkauften. Möglicherweise geriet er dabei auf die schiefe Bahn.

Da der 17-Jährige 52 Gramm Marihuana im Verkaufswert von mehr als 1000 Euro bei sich hatte, vermuteten die Polizisten weiteres Rauschgift in der Wohnung des Jugendlichen. Da dieser ihnen einen Besuch dort verweigerte, erwirkten die Beamten einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Gegen 16 Uhr standen die vier Zivilbeamten vor der Wohnung an der Riesenfeldstraße in Milbertshofen. Sie zogen ihre grünen Polizeiwesten über und klingelten.

Die Tür, so Berkofsky, sei kurz auf-, dann sofort wieder zugegangen. Noch einmal riefen die Beamten laut "Polizei!" und klingelten. Schließlich brachen sie die Tür auf. Das versetzte die beiden Kinder in der Wohnung offenbar in Panik. Sie hätten Angst vor Einbrechern gehabt, erzählte die alleinerziehende Mutter, die nicht zu Hause war, später der Polizei.

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