Hasenbergl:Das ABC der Zukunft

Hausaufgaben-Betreuer Christian Dörr in der Grundschule an der Ittlingerstraße

Initiator Christian Dörr und sein Team haben in den vergangenen Jahren eine Übertrittsquote von neunzig Prozent mit Zuwandererkindern erreicht.

(Foto: Florian Peljak)

120 Migranten- und Flüchtlingskinder betreut die "Hausaufgabenbetreuung für internationale Schüler" im Jahr. Seit 2006 gibt es den Lernhilfe-Verein, der vor allem eines braucht: finanzielle Förderung

Interview von Simon Schramm, Hasenbergl

Grund zum Feiern: Seit zehn Jahren unterstützt der Lernhilfe-Verein "Hausaufgabenbetreuung für internationale Schüler" (Hafis) Migrantenkinder und Flüchtlinge, die Grundschulen im Hasenbergl, Neuperlach und in Pasing besuchen. An diesem Dienstag feiert Initiator Christian Dörr, 49, dieses Jubiläum zusammen mit Förderern, Kollegen, Rektoren und Schülern.

SZ: Herr Dörr, Ihre Begeisterung für die Kinder, die Sie und Ihr neunköpfiges Team betreuen, zeigt: Sie sehen in ihnen ein großes Potenzial.

Christian Dörr: Das haben bilinguale Kinder auch - nur wird es vom hiesigen Schulsystem nicht ausgeschöpft. Nur dreißig Prozent aller Kinder mit Migrationshintergrund kommen auf weiterführende Schulen. Es gibt viele Studien, die aufzeigen, wie der Bildungserfolg vom Geldbeutel abhängt. Uns gelingt die Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Hafis hat in den vergangenen Jahren im Durchschnitt eine Übertrittsquote von neunzig Prozent mit Zuwandererkindern erreicht.

Wie hat sich Hafis in den Jahren entwickelt?

Schon vor fünf Jahren ist ein neuer Fokus entstanden, der erst jetzt in der Öffentlichkeit angekommen ist. Wir betreuen mittlerweile sehr viele Kinder von Geflüchteten. Für diese Kinder braucht es Deutschlern-Kurse am Nachmittag. Neuankömmlinge müssen möglichst früh, schnell und intensiv gefördert werden, sonst produzieren wir schlechte Bildungskarrieren. Nötig sind dafür vor allem Pädagogen mit dem Fach "Deutsch als Fremdsprache".

Wie sieht denn die Förderung der Kinder aus?

Unsere Betreuung hat einen eigenen Ansatz, wir nennen sie "systemisch." Wir wollen das System dort unterstützen, wo es schwächelt, zum Beispiel, wo der Ganztag fehlt. Unseren Förderunterricht stimmen wir mit dem Wissensstand jedes einzelnen Kindes ab. Wir lesen Kinderliteratur, machen Leseproben, Nacherzählungen und Wortschatzübungen, jeden Nachmittag bis zu drei Stunden. Wenn die Kinder dann wieder im Unterricht anschließen, steigert sich ihr Selbstbewusstsein enorm, und die Schule macht ihnen wieder Spaß.

Wie ist Hafis entstanden?

Uns ist vor 20 Jahren aufgefallen: Da entsteht eine verlorene Generation, wenn ihr nicht geholfen wird. Vor zehn Jahren haben wir uns entschlossen, die private Betreuung an den Nagel zu hängen und an die Öffentlichkeit zu gehen.

Wie soll sich Hafis in Zukunft entwickeln?

Im vergangenen Jahr haben wir beim Stadtjugendamt eine Regelfinanzierung beantragt, die abgelehnt wurde, weil unser Anliegen weder dringlich noch notwendig sei. Nachdem uns der Sozialausschuss doch eine einmalige Förderung für drei Projekte gewährt hatte, kofinanziert durch die Castringius-Stiftung, werden wir dieses Jahr erneut um Finanzierung nachfragen. Wir wollen Planungssicherheit, denn wir betreuen 120 Kinder im Jahr. Mit einer geregelten Finanzierung könnten wir das Doppelte leisten. Außerdem suchen wir weitere Grundschulen, an denen wir unsere Deutschkurse für Kinder aus Übergangsklassen anbieten können. Jeder Rektor ist herzlich willkommen, mit uns Kontakt aufzunehmen: www.lernhilfe-hausaufgaben.de

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