Hasenbergl:Am Zug

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Wolfgang Galows Porträts im Kulturzentrum Hasenbergl geben Einblick in die Welt des Profi-Schachsports. Der Fotograf kennt sich aus am Brett, er hat selbst aktiv Turniere gespielt

Von Jutta Czeguhn, Hasenbergl

Der Zufall wollte es, dass Punk-Legende Patti Smith 1972 beim sogenannten Match des Jahrhunderts in der isländischen Hauptstadt Reykjavík dabei sein konnte, als der Amerikaner Bobby Fischer dem Russen Boris Spasski den Weltmeistertitel abnahm. Die Sängerin erzählt heute noch ehrfurchtsvoll von dieser Partie, und davon, wie sie ein verschwommenes Polaroid vom Schachbrett schoss. Vom Spiel an sich habe sie bis heute keinen blassen Schimmer. Wolfgang Galow ist wie Smith fasziniert vom Schach, anders aber als die Amerikanerin kennt sich der Fotograf bestens damit aus, wurde 1997 sogar internationaler Meister im Fernschach, das über digitale Kanäle ausgetragen wird. Seit fünf Jahren beobachtet er mit der Kamera Spieler live bei nationalen und internationalen Turnieren. Seine ausdrucksstarken Porträts sind von Sonntag, 10. Januar, an im Kulturzentrum 2411 an der Blodigstraße 4 zu sehen.

Galow, der selbst bei zwei deutschen Einzelmeisterschaften mitgespielt hat, blickt den Kontrahenten hinter die Stirn. Anders als in Schachvideos, die man im Internet verfolgen kann, sind die Spielfiguren auf den 64 Feldern nur Kulisse. Wie verräterisch ist doch die Körpersprache, selbst bei den ausgebufftesten Profis. "Es geht mir um die besonderen Momente in wichtigen Phasen der Partie. Das ist es, was mich fasziniert", sagt der 59-Jährige. Wenn der Schachspieler etwa den Gegner mit seinen Augen durchbohrt, und jener wiederum diesem Blick standhält. "Diese Blicke dauern meist nur sehr kurz und sind selten gut einzufangen."

Galow hält jene Aufnahmen für seine stärksten, die diese Emotionen zeigen. Kein einfaches Unterfangen für einen Fotografen, selbst wenn er sich mit dem Sujet so gut auskennt wie Galow. "Schachspieler reagieren sehr sensibel auf Störungen. Nicht nur - die sehr dezenten - Auslösegeräusche der Kamera lenken sie mitunter schon ab. Allein das Wahrnehmen eines Fotografen kann Irritationen auslösen. Manchmal, wenn ich das spüre, lasse ich von einem Spieler ab und wende mich einem anderen zu." Mittlerweile sei er dazu übergegangen, ein Stativ zu verwenden, den Spiegel seiner Digitalkamera schon vor dem Auslösen hochzuklappen, um so nahezu lautlos arbeiten zu können. In der Ausstellung werden Schwarz-Weiß- wie Farbporträts zu sehen sein: "Je nach Situation kann die Farbe das Bild verstärken oder aber zerstören. In Schwarz-Weiß lässt sich ein buntes Umfeld in den Hintergrund drängen, die Bildaussage kann dadurch verstärkt werden."

Patti Smith erzählt, dass sie damals in Island die Chance hatte, gegen Bobby Fischer zu spielen, ihn aber lieber zu Eiscreme eingeladen habe, um nicht als komplette Idiotin dazustehen. Wolfgang Galow hätte diese Herausforderung wohl brennend gerne angenommen.

Wolfgang Galows Schachporträts sind bis 28. Februar im Kulturzentrum 2411, Blodigstraße 4, 3. Stock, zu sehen, Vernissage ist am Sonntag, 10. Januar, Beginn 12 Uhr. Öffnungszeiten: Montag und Dienstag 10 bis 15 Uhr, Donnerstag 15 bis 19 Uhr sowie zu allen Veranstaltungen.

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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