Harthof:Ein gutes Zeichen

Gebäude Norderneyer Str. 10 in Milbertshofen; das wird abgerissen und für eine Flüchtlingsunterkunft genutzt

Beruhigend: Die Stadt will sich um die Mieter des Hauses an der Norderneyer Straße 10 kümmern.

(Foto: Florian Peljak)

Oberbürgermeister Dieter Reiter räumt bei der Bürgerversammlung Milbertshofen-Am Hart Probleme der Stadt bei der Kommunikation ein - und beruhigt die Bewohner des Hauses an der Norderneyer Straße

Von Nicole Graner, Harthof

Es beginnt mit einem Dank. Und mit diesem stellt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bei der Bürgerversammlung Milbertshofen-Am Hart in der Aula der Hildegard-von-Bingen-Grundschule die Weichen dafür, dass die Diskussion über die geplante Flüchtlingsunterkunft an der Thalhoferstraße und die Unterkunft für wohnungslose Menschen an der Norderneyer Straße 10 sachlich verläuft. "Das Thema Flüchtlinge", sagt Reiter, "fordert uns alle, fordert Sie alle. Ich danke allen, die mithelfen, die Integration und das Miteinander so zu gestalten."

Und er räumt Fehler ein - dass die Stadt nicht gut war in der Kommunikation, dass es vor allem am Anfang nicht gelungen sei, die Bürger rechtzeitig und gut zu informieren. Viele Entscheidungen würden am Schreibtisch fallen, so Reiter weiter, und nicht an Ort und Stelle. Diese Situation müsse verändert werden. Der Applaus war ihm sicher. Man glaubte zu spüren, dass viele der rund 250 Bürger des 11. Stadtbezirks durchatmeten, das endlich gehört zu haben. So ging es auch den Anwohnern der Thalhoferstraße und den Mitgliedern der Interessensgemeinschaft Norderneyer Straße 10.

Die Wünsche und Anträge der Bürger sind dementsprechend formuliert und rücken die beiden Unterkünfte sowie die Flüchtlingsproblematik im Münchner Norden in den Mittelpunkt der Bürgerversammlung. Die Anwohner der Norderneyer Straße 10 sollen rechtzeitig informiert und der Beschluss ausgesetzt werden - nämlich jener, das Gebäude, in dem an die 45 Menschen wohnen, abzureißen und dort eine Familienunterkunft für 140 bis 170 wohnungslose Menschen und anerkannten Asylanten in kommunaler Zuständigkeit zu errichten. Dem Antrag wird mit großer Mehrheit zugestimmt.

Auch informiert die Stadt endlich. Nicht umfassend, aber so eindeutig, dass die Familien der Norderneyer Straße nun nicht befürchten müssen, Anfang des Jahres ihre Wohnungen zu verlieren. Es gebe noch keine Baugenehmigung, keine klaren Zusagen, alles werde sich noch hinziehen, der Stichtag sei nicht der 1. Januar 2016. "Auf keinen Fall", sagt Martin Kunschak vom Sozialreferat, "werden wir die Menschen auf die Straße stellen. Wir werden uns um die Bewohner kümmern und sie in dauerhaften Wohnungen unterbringen." Bald sollen städtische Mitarbeiter direkt die Situation der Bewohner klären. Die Frage, wer der Investor ist, bleibt an diesem Abend aus Datenschutzgründen offen.

Den Anträgen, die deutlich eine Bebauung der Grünfläche an der Thalhoferstraße durch Container für eine Flüchtlingsunterkunft für 200 Menschen ablehnen, wurde mehrheitlich zugestimmt. Auch soll der Park nach der Fällung zahlreicher Bäume, die, wie die Stadt betont, nicht im Geltungsbereich der Baumschutzverordnung gelegen habe, wiederhergestellt werden. Nach wie vor plant die Stadt eine Flüchtlingsunterkunft innerhalb der Grünfläche weiter im Westen.

Der Standort wäre Teil eines von Anwohnern geliebten Grünzuges und der Bau ein schwerer Eingriff in die Wohnqualität. Dass die Anwohner vor vielen Jahren hohe Beiträge zur Erschließung des Parks gezahlt haben, ist Oberbürgermeister Reiter bewusst; er will prüfen lassen, ob die Stadt die Erschließungsbeiträge an die Anwohner zurückzahlen könne. Wie es aber nun mit dem weiter nach Westen gerückten, neuen Standort der Flüchtlingsunterkunft an der Thalhoferstraße weitergeht, wird von Seiten der Stadt nicht weiter erläutert. Ein weiterer Antrag, der angenommen wird, formuliert ebenfalls einen großen Wunsch der Bürger im Münchner Norden: Die Verteilung der Unterkünfte müsse auf alle Stadtbezirke Münchens umgelegt werden. "Wir müssen darauf drängen, dass wir eine gute Verteilung hinbekommen", verspricht Reiter, "und wir müssen besser informieren."

Trotz der Bürger-Vorwürfe über die "Null-Informations-Politik" der Stadt und dem Unmut über fehl geplante Standorte bleiben die Vortragenden sachlich, die Diskussionen ruhig. Die Worte des Dankes von Oberbürgermeister Dieter Reiter am Anfang wirken. Auch dann, als Zwischenrufe laut werden, die die Abschiebung von Flüchtlingen fordern. Sie verhallen. Auch deshalb, weil sie nicht das Spiegelbild des 11. Stadtbezirkes sind und Milbertshofen-Am Hart schon immer und jetzt ganz besonders ein Ort der Integration war und ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: