Harlaching:Turnstunde in der Traglufthalle

Lokalpolitiker wollen ein Plätzchen reserviert wissen - nicht für Flüchtlinge, sondern Sportler

Von Julian Raff, Harlaching

Noch vor wenigen Monaten war der Mangel an wettergeschützten Sportstätten eines der größeren Probleme der Harlachinger und Untergiesinger. Dann erreichte die europäische Flüchtlingskrise München und schuf über Nacht neue Prioritäten - könnte man jedenfalls meinen. Der Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching will jedenfalls ausgerechnet jetzt von der Stadtverwaltung wissen, ob sich in seinem Beritt nicht doch auch noch Platz für eine Traglufthalle findet - eine Traglufthalle mit sportlicher Zweckbestimmung wohlgemerkt.

Einen entsprechenden Prüfantrag schickten die Stadtteilpolitiker jedenfalls einstimmig ans Referat für Bildung und Sport, obwohl kaum ein Mitglied des Gremiums mit einer brauchbaren Antwort rechnet - oder gar damit, dass irgendein Hersteller den fliegenden Bau in absehbarer Zeit liefern könnte. Nachdem die SPD-Fraktion den Antrag bereits im Juli eingereicht hatte, beschloss das Bürgergremium zweimal die Vertagung, um in der Zwischenzeit realistische Standortvorschläge zu erarbeiten. In der engeren Wahl blieben zuletzt unter anderem eine Fläche beim Münchner Kindl-Heim und der Sportplatz des Theodolinden-Gymnasiums (TLG).

Erstere nahmen die Antragsteller schnell wieder von der Wunschliste, da das Heim um eine Containeranlage für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge erweitert werden soll, und eine weitere Ballung provisorischer Bauten an dieser Stelle kaum mehr zu verantworten wäre. Am TLG-Sportplatz hielt die SPD dann in der Debatte doch noch eine Weile fest, was den Bezirksausschuss-Vorsitzenden Clemens Baumgärtner (CSU) fast noch mehr auf die Palme brachte, als der "Schaufensterantrag" der SPD an sich. Baumgärtner, selbst Ex-TLGler, wie die meisten seiner Kollegen, erinnert sich durchaus an winterliche Sportstunden unter trockenem freiem Himmel. Eine großzügige und für Schul-, und Freizeitsportler fast ganzjährig nutzbare Freifläche zu verbauen, sei unsinnig, da das Gymnasium gerade trotz Nachbarklagen erst seine neue Sporthalle in Betrieb genommen habe.

Ganz verwerfen wollte Baumgärtner die Initiative nach Absprache mit seiner Fraktion nicht; er verstehe den Antrag aber nicht als konkreten Anstoß, sondern als "Statement" zur Situation der Freizeitsportler, nicht nur der hiesigen. Von einem "stadtweiten Antrag, der nur aufs Viertel herunter gebrochen ist", sprach auch Baumgärtners CSU-Kollege Andreas Babor. Die Antragsteller verstanden ihre Initiative weiterhin konkreter und bemühten sich zu Baumgärtners vernehmlichem Missvergnügen ad hoc um neue Standortvorschläge. Christa Knappik (SPD) brachte die Bezirkssportanlage an der Agilolfingerstraße und einen weiteren städtischen Sportplatz an der Sachsenstraße ins Gespräch. Die Erfolgschancen bleiben gering, so dicht bebaut wie die Gegend bereits ist: Zähneknirschend erklärten sich die Stadtbezirks-Vertreter in der Sitzung denn auch einverstanden mit einer 500 Quadratmeter großen Containeranlage für die Agilolfinger-Grundschule, die den Großteil des Pausenhofs belegt.

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