Harlaching:Heftiger Widerstand

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Platz da: Diese Villa aus den Fünfzigerjahren soll zugunsten der Neubauten abgerisssen werden. (Foto: Robert Haas)

Obwohl das Bauprojekt an der Traminer Straße rechtlich und politisch kaum mehr zu verhindern ist, wird bei der Einwohnerversammlung scharfe Kritik laut - befürchtet wird das Ende der Gartenstadt

Von Johannes Korsche, Harlaching

Einen Tag, nachdem der Planungsausschuss im Stadtrat für das Bauvorhaben an der Traminer Straße grünes Licht gegeben hat, konnten sich die Anwohner am Donnerstagabend zu den umstrittenen Planungen in der Harlachinger Gartenstadt äußern. Etwa 40 Bürgerinnen und Bürger waren zur Einwohnerversammlung gekommen - und das, obwohl das Projekt nun rechtlich und politisch kaum mehr zu verhindern ist.

Das schwächte ihre scharfe Kritik aber nicht ab. Die Harlachinger befürchten, dass die neuen Wohnhäuser den Charakter des Viertels nachhaltig verändern werden. Auf Unverständnis stößt daher das Vorgehen der Stadtverwaltung, die auf das Aufstellen eines Bebauungsplans verzichtet hatte. Die "Eigentümer haben eine gesicherte Rechtssituation", erklärte Thomas Rehn, stellvertretender Leiter der Lokalbaukommission (LBK), die Genehmigung werde daher in den kommenden Tagen erteilt. Aufgegeben haben die Harlachinger allerdings noch nicht; ein Anwohner drohte: "Ich werde Klage erheben."

Auf dem Gelände zwischen Traminer Straße, Dolomitenstraße und Karneidplatz steht derzeit noch eine Unternehmer-Villa aus den Fünfzigerjahren, umgeben von einem großzügigen Garten. Nach dem Tod des Ehepaares, dem das Grundstück einst gehört hatte, wurde es dreigeteilt weitervererbt. Nun wollen die Erben auf circa 7200 Quadratmetern sieben Mehrfamilienhäuser errichten. Insgesamt sollen so 86 Ein-, Drei- und Vierzimmerwohnungen entlang der Grundstücksränder entstehen. Dafür müssen 76 Bäume gefällt werden - 70 davon stehen unter Schutz. Laut Rehn haben die Erben angeboten, 79 Bäume nachzupflanzen.

Neben der Fällung der alten Bäume stören sich die Harlachinger vor allem an dem Umfang der Neubebauung. "Sie können doch nicht in einem Geviert mit kleinen Einfamilienhäusern so eine geschlossene Bebauung zulassen", wird Thomas Rehn unter Applaus vorgeworfen. Auch der zu erwartende Verkehr wird die Straßen des Viertels überlasten, mutmaßt eine Anwohnerin. Doch Rehn verweist auf das dort geltende Baurecht. Das schreibt lediglich vor, dass sich die neuen Häuser in "Eigenart und Nutzung in die nähere Umgebung einfügen" müssen. So hätte sich der Maßstab der Bebauung zum Beispiel aus dem Mehrfamilienhaus am Karneidplatz 8 ergeben. "Das sieht man vom Grundstück aus doch gar nicht", wirft ein Anwohner ein. Daher könne das auch nicht als Referenz in der näheren Umgebung gelten, so die Argumentation. Rehn macht allerdings wenig Hoffnung, dass diese Sichtweise rechtlich verfängt. Das Verwaltungsgericht habe das Vorgehen seiner Genehmigungsbehörde bereits bestätigt: "Die gestellten Anträge sind rechtmäßig, und wir sind deswegen gehalten, die Genehmigung zu erteilen."

Die Stadtverwaltung steht nun unter Zeitdruck. Sie muss dem geltenden Baurecht schnell Folge leisten, sonst entsteht Anspruch auf Schadenersatz. Schließlich fallen durch die Wartezeit auf die Genehmigung Mieteinnahmen aus. Einer der Erben habe deswegen bereits Klage eingereicht, ein weiterer damit gedroht, berichtete Rehn. Selbst wenn die Stadt nachträglich nur den Bau kleinerer Häuser erlaubt, führt das zu Schadenersatzforderungen, da das Eigentumsrecht der Besitzer eingeschränkt wird. "Der Lokalbaukommission sind die Hände gebunden", stellte Rehn fest: "Das gefällt mir persönlich ja auch nicht, aber ich muss es genehmigen, wenn es rechtmäßig ist."

Trotz der heftigen Kritik aus der Nachbarschaft wird in den kommenden Tagen die Baugenehmigung erteilt. Das bedeutet allerdings nicht, dass dann bereits die Bagger anrücken. Bis zum 1. Oktober dürfen Bäume nur mit einer Sondergenehmigung gefällt werden. Bis dahin herrscht nicht nur für die brütenden Vögel in den Baumkronen der Gartenstadt Schonfrist. Auch die Harlachinger können die Sommermonate noch in gewohnter Nachbarschaft genießen, bevor sie mit den Folgen der Nachverdichtung leben müssen.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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