Handy-Tickets im Nahverkehr:Mit der MVG-App durch Berlin

Handyticket in München, 2013

Die meisten elektronischen Tickets setzt die MVG im MVV-Raum ab.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Wer sich mit dem Handy bei der Münchner Verkehrsgesellschaft oder der S-Bahn registriert, soll künftig auch Tickets für andere Städte kaufen können.
  • Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein für den November geplanter Großversuch in Köln und Frankfurt reibungslos klappt.

Von Marco Völklein

In München hat sich das Handy-Ticket im Nahverkehr mittlerweile gut entwickelt. Allein die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) verkauft nach eigenen Angaben im Durchschnitt gut 3500 Stück am Tag. Vor allem Einzelfahrscheine und Tagestickets werden gekauft. In Zukunft sollen Kunden, die sich zum Beispiel bei MVG oder S-Bahn für das Handy-Ticket registriert haben, nicht nur im Großraum München die elektronischen Fahrscheine erstehen können, sondern auch in anderen Nahverkehrsverbünden, etwa in Berlin, Köln, Frankfurt oder Stuttgart.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein für den November geplanter Großversuch in Köln und Frankfurt reibungslos klappt. Die beiden dortigen Nahverkehrsunternehmen, die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) sowie der Rhein-Main Verkehrsverbund (RMV) in Frankfurt, wollen dann testen, ob sich ihre beiden Smartphone-Apps miteinander vernetzen lassen.

Ob sich auch der MVV beteiligt? Noch unklar

Der Vorteil: Ein Kölner, der nach Frankfurt reist, muss sich am Main nicht extra die RMV-App aufs Smartphone laden. Hat er sich bei der KVB als Kunde registriert, kauft er den Fahrschein einfach über die KVB-App. "Wir möchten so Zugangsbarrieren abbauen und den Kunden eine bundesweit möglichst einfache Nahverkehrsnutzung ermöglichen", sagt KVB-Chef Jürgen Fenske, der zugleich dem Bundesverband der Verkehrsbetriebe, kurz VDV, vorsteht.

Läuft der Großversuch im Herbst in Köln und Frankfurt einigermaßen stabil, wollen die VDV-Mitgliedsunternehmen das Modell sukzessive auch auf andere Verbünde ausweiten - neben Berlin, Stuttgart, Hamburg und dem Großraum Rhein-Ruhr wollen sich dann auch die MVG und die Deutsche Bahn, die in München eine Smartphone-App für die S-Bahn betreibt, beteiligen. Damit, heißt es beim VDV, würden 80 Prozent des deutschen Nahverkehrmarktes abgedeckt. Unklar ist derzeit, ob sich auch der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) mit seiner App an dem Projekt beteiligt.

Ohnehin dürfte noch Zeit vergehen, bis der bundesweite Vertrieb startet. Voraussetzung ist nämlich, dass die diversen Apps auf eine gemeinsame Schnittstelle zurückgreifen können, genannt IPSI. Das Kürzel steht für "Interoperable Produktservice-Schnittstelle". Die stellt sicher, dass die Apps die Daten untereinander austauschen können, und dann ein Münchner mit seiner App eine Fahrkarte für die Berliner U-Bahn kaufen kann. Spätestens zum Jahreswechsel soll die Schnittstelle fertig sein; der Probelauf in Frankfurt und Köln ist Teil der Entwicklungsphase.

Hatte sich die MVG lange gegen die Einführung des Handy-Tickets gesperrt, so hat sich mittlerweile die Einstellung in der Geschäftsführung komplett gedreht. Zum Start des Angebots im Dezember 2013 hatte MVG-Chef Herbert König sogar viel Geld in die Hand genommen und mit großem Reklame-Tamtam für seine App geworben. Mit Erfolg: Mittlerweile setzt die MVG den Großteil der elektronischen Tickets im MVV-Raum ab - die S-Bahn sowie der MVV selbst hängen bei den Absatzzahlen mit ihren Apps weit hinterher.

Beim Gesamtaufkommen allerdings spielt der elektronische Vertriebsweg dennoch bislang eine untergeordnete Rolle. So beträgt der Umsatzanteil des Handy-Tickets an dem dort angebotenen Fahrscheinsortiment laut MVG nur etwa sechs Prozent. Dennoch hofft König, über kurz oder lang das Handy-Ticket etablieren zu können - und im Gegenzug beim klassischen Vertrieb zu sparen.

Denkbar wäre zum Beispiel, einzelne Billettautomaten abzubauen oder die Zahl der Verkaufsstellen auszudünnen. Vor allem die Automaten verursachen hohe Kosten für Wartung, Abtransport der Einnahmen oder bei der Bestückung mit Wechselgeld. Angesichts des geringen Anteils des Handy-Tickets am Gesamtverkauf sei man derzeit "noch Lichtjahre davon entfernt, Automaten abzumontieren", räumt König ein. "Weitere Anstrengungen" seien daher nötig.

Deshalb soll es nun von Mitte Juni an auch den Kurzstrecken-Fahrschein als Handyticket geben, wie MVV-Sprecherin Beate Brennauer bestätigt. Eigentlich sollte das schon zum Fahrplanwechsel im Dezember möglich sein; dann allerdings gab es Verzögerungen aus technischen Gründen. Völlig unklar ist derzeit noch, ob und gegebenenfalls ab wann die beliebte Streifenkarte per Smartphone vertrieben werden soll. Zunächst einmal soll ebenfalls Mitte Juni ein entsprechendes Pilotprojekt dazu starten.

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