Handel:Das älteste Einrichtungshaus von München

Handel: Derzeit leiten die drei Cousins Georg Böhmler (Zweiter von links), Thomas Böhmler (hinten an der Wand) und Stefan Böhmler (rechts, sitzend) die Geschicke des Einrichtungshauses Böhmler. Später wird Matthias Böhmler (links) der Chef sein. "Eine Last ist das für mich nicht", sagt er, "nur Chance."

Derzeit leiten die drei Cousins Georg Böhmler (Zweiter von links), Thomas Böhmler (hinten an der Wand) und Stefan Böhmler (rechts, sitzend) die Geschicke des Einrichtungshauses Böhmler. Später wird Matthias Böhmler (links) der Chef sein. "Eine Last ist das für mich nicht", sagt er, "nur Chance."

(Foto: Catherina Hess)

Schon seit mehr als einem Jahrhundert verkauft Familie Böhmler Möbel. Den Betrieb haben immer Männer geführt - das ändert sich auch nicht in der nächsten Generation.

Von Pia Ratzesberger

Die Böhmlers wären in einer Talkshow recht unterhaltsame Gäste, wie sie da an ihrem Konferenztisch sitzen und einer dem anderen immer wieder einmal ins Wort fällt.

Georg Böhmler, 62 Jahre: "Mit Problemen bin ich immer zu Thomas' Vater gegangen."

Stephan Böhmler, 61 Jahre: "Also ich habe mir viel von Georgs Vater abgeschaut."

Thomas Böhmler, 52 Jahre: "Es hat uns nicht an Vorbildern gefehlt."

Sie alle tragen Anzug, keine Krawatte mit den gemusterten Schlipsen wie damals auf den Fotos aus den Neunzigerjahren, als sie gerade antraten. Nun denken sie ab und an darüber nach, wie das wohl sein wird, wenn sie einmal abtreten. Den drei Cousins gehört das wohl älteste Einrichtungshaus der Stadt, Böhmler im Tal, Hausnummer 11. Dazu noch die anderen Möbelläden, in der Nymphenburger Straße 115 zum Beispiel, in der Lederstraße 9, auch einer in Nürnberg, einer in Stuttgart.

Wenn die drei Männer sich am Morgen besprechen, sitzen sie oft in der Tagesbar, im großen Schaufenster, gleich neben dem Eingang ihres Geschäfts. Zu dritt finden sie immer eine Mehrheit, übergeben aber werden sie nur an einen: Matthias Böhmler, 31 Jahre alt. Es ist lange her, dass jemand alleine die Firma führte, die dritte Generation war zu dritt, die vierte Generation war zu dritt, in der fünften also wird das anders sein.

Böhmler im Tal, Hausnummer 11, ist wahrscheinlich kein Laden, in dem sich allzu viele Münchner ihr Wohnzimmer einrichten, es gibt hier Beistelltische für 500 Euro und einen Schreibtisch für mehr als 10 000 Euro, im Untergeschoss dann auch noch die Suiten, italienische Designer, Luxusware. Viele aber kennen Böhmler im Tal, auch wenn sie nicht hier einkaufen. Das hat auch damit zu tun, dass die Familie seit mehr als einem Jahrhundert in München wirtschaftet. Die meiste Zeit im gleichen Haus.

Johann Georg Böhmler kaufte das Haus im Tal für 510 000 Mark

Der Urgroßvater der drei Herren am Konferenztisch hieß Johann Georg Böhmler, er kaufte die Nummer 11 einem Musikinstrumentenhersteller namens Wendelin Keller ab. Wie lange das her ist, zeigt alleine schon der Preis, 510 000 Mark. Es war das Jahr 1894. Es war die Zeit, als zum ersten Mal eine elektrische Trambahn durch München fuhr, elektrische Leuchten blendeten, in der Bauherren den Justizpalast errichten ließen.

Das Geschäft im Tal war nicht der erste Laden, schon neunzehn Jahre vorher hatte Johann Georg Böhmler in der Herrnstraße 29 in der "Rohproduktenhandlung" mit gearbeitet, bei den Eltern seiner Frau Katharina. Polster und Teppiche, Gardinen und Linoleum bot er an, Möbel gefertigt in einer eigenen Fabrik in der Klenzestraße. Johann Georg Böhmler, mit einem geschwungenen Schnauzer, wie es so Mode war, setzte also nicht auf nur eine Warengruppe, sondern auf mehrere. Wie die drei Cousins heute.

Das meiste Geld verdienen die Böhmlers nicht mehr mit Möbeln

Georg Böhmler verantwortet, was die meisten von Böhmler kennen: den Einzelhandel, die Inneneinrichtung. Stephan Böhmler entwickelt gemeinsam mit den anderen die Strategie der Firma, kontrolliert die Finanzen. Thomas Böhmler führt das Geschäft mit Bodenbelag und Parkett, das zwar weniger bekannt ist als die Designersofas und Teppiche. Aber mehr einbringt.

Die Böhmlers machen mittlerweile mehr Umsatz, mehr Gewinn mit dem Fußboden als mit dem, was darauf steht. Der Einzelhandel tue sich manchmal schwer, sagt Georg Böhmler, es sei ein Auf und Ab. Stephan Böhmler, am Konferenztisch rechts neben ihm, hebt die Hand, "Georg, das sehe ich anders", sagt er. Der Einzelhandel sei doch noch immer das Aushängeschild von Böhmler, in den müsse man investieren und wolle das auch. Eine Ausstellungsfläche von 3000 Quadratmetern in der Innenstadt müsse sich erst einmal rechnen, sagt Georg, er zieht die Augenbrauen hoch.

Links neben ihm sitzt der Nachfolger, er sagt nichts. Er sieht sich an, wie die Drei das so machen. Matthias Böhmler ist 31 Jahre alt, er ist der Sohn von Stephan Böhmler, der Anzug sitzt locker. Fragt man ihn, an welchem seiner drei Vorgänger er sich orientieren werde, antwortet er: Dazu sei es noch zu früh. Er versuche alles aufzusaugen. Was daraus werde, könne man vielleicht in zehn Jahren sehen, wenn er alleine sein wird. "Du wirst es nicht so schön haben wie wir", feixt Stephan Böhmler von hinten. Immerhin ist die Frage der Nachfolge diesmal wieder eine leichte.

Der Urgroßvater Johann Georg Böhmler hatte drei Töchter und einen Sohn, er hieß Georg. Keine Wahl für den Sohn. Er musste die Schwestern auszahlen, verkaufte dafür einen Teil einer Fabrik, er übernahm das Geschäft, im Jahr 1927. Er baute das Haus Nummer 11 wieder auf, nachdem Bomben gefallen waren.

Wenn der Sohn über das Werk des Vaters entscheiden muss

Er hatte drei Söhne und eine Tochter, auch er sagte: Der Nachfolger muss ein leiblicher männlicher Nachkomme sein. Die Söhne also bezahlten die Tochter aus. Als Georg Böhmler starb, übernahmen alle drei die Geschäfte, im Jahr 1976. Alfred Böhmler, Fritz Böhmler. Und wieder ein Georg Böhmler.

In dieser Zeit verkaufte das Geschäft viele Teppiche. "Sagst du Teppich, meinst du Böhmler" war damals so ein Spruch, und in den Fluren der Stadt lag auch noch mehr Stoff am Boden als heute.

Der Vater von Stephan Böhmler baute die Textilabteilung mit auf, im Jahr 2000 aber musste der Sohn dem Vater sagen, dass er schließen wird, was der Vater mit auf den Weg brachte. Sie besprachen sich beim Kaffee, wie so oft, rational war es wohl richtig, weniger auf Textil zu setzen und mehr auf Handwerk, aber natürlich ist es etwas anderes, wenn man das dem eigenen Vater erklären muss und nicht irgendeinem seiner Mitarbeiter.

Im Familienunternehmen gingen einem die Dinge manchmal näher, sagt Thomas Böhmler, man nehme vielleicht auch nicht so gerne fremdes Geld an, um Neues auszuprobieren, was sonst nicht möglich wäre. Andererseits sei da der sichere Arbeitsplatz. Und dann ja auch noch die Freiheiten. Also theoretisch.

Stephan Böhmler, 61 Jahre: "Wie viele Stunden wir arbeiten, kann man nicht sagen, wir haben alle Arbeitszimmer zu Hause."

Thomas Böhmler, 52 Jahre: "Wenn ich Urlaub mache, muss ich weit weg fliegen."

Georg Böhmler, 62 Jahre: "Ich rufe dann jeden zweiten Tag im Geschäft an und frage, wie es so läuft". Das sei eben anders, als wenn man sich nur die Zahlen ansehe.

Gehen die Böhmlers durch ihren Laden, kommt immer mal wieder einer der Mitarbeiter vorbei, sie scherzen, man kennt sich, zumindest im Haupthaus. An allen Standorten zusammengenommen arbeiten 180 Menschen, die ein oder anderen haben im Familienunternehmen ihre eigene Familie gegründet. Sie seien nicht nur Einrichtungshaus, sondern manchmal auch Ehevermittlung, sagt Thomas Böhmler, sie hätten hier so viel gefeiert, auch mit den Mitarbeitern, manche seien in der zweiten Generation da. Matthias Böhmler wird zwar keine Cousins haben, mit denen er sich beraten kann, aber immerhin gibt es Mitarbeiter, deren Eltern auch schon im Haus waren.

Er kam vor zwei Jahren in die Firma, also nicht gleich nach der Ausbildung, auch er wollte erst einmal raus, ging zu einem kleinen Technologie-Start-up. Man könnte jetzt denken, dass er ein Unternehmen wie Böhmler im Vergleich langsam finden könnte, vielleicht auch altmodisch. Er aber sagt, zumindest wenn der Vater mit am Tisch sitzt: Der Vorteil von Böhmler sei, dass man in mehr als einem Jahrhundert schon so viel ausprobiert habe. Hunderte Sprints, bevor dieses Wort je ein Gründer kannte.

Matthias Böhmler, 31 Jahre: "Eine Last ist das für mich nicht. Nur Chance."

Stephan Böhmler, 61 Jahre: "Ich liege in zehn Jahren am Strand und Matthias macht das."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: