Haidhausen:Um des Protestes willen

Wiener Platz in München, 2016

Der Ort des Widerstandes: Rund um den Wienerplatz will man den beschlossenen S-Bahnbau verhindern.

(Foto: Stephan Rumpf)

Trotz der grundsätzlichen Entscheidung wird im Viertel versucht, die zweite Stammstrecke noch zu verhindern

Von Johannes Korsche, Haidhausen

Für die Bahn, die Stadt und den Freistaat ist die Sache entschieden: Die zweite Stammstrecke kommt. Sogar der symbolische Spatenstich auf dem Marienhof ist bereits fest auf den 5. April terminiert. Das will die Bürgerinitiative Haidhausen S-Bahn-Ausbau (BI) aber nicht kampflos hinnehmen. Am Dienstagabend trafen sich deswegen etwa 30 Haidhauser im Unionsbräu, um ihren Protest gegen das "Unfugsprojekt" und "Milliardengrab" in den kommenden Wochen zu organisieren. Höhepunkt soll am Mittwoch, 22. Februar, von 18 Uhr an eine Demonstration auf dem Wiener Platz sein. Motto: "Nein zum Tieftunnel - Ja zum Südring". Direkt im Anschluss daran findet von 19 Uhr an eine außerordentliche Bürgerversammlung zur zweiten Stammstrecke im Hofbräukeller statt, zu der sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) angekündigt hat.

Für die BI-Vorstandsvorsitzende Ingeborg Michelfeit ist der 22. Februar daher "die Chance", um die derzeitigen Pläne für die zweite Stammstrecke auf den letzten Metern doch noch zu verhindern. "Nehmen Sie alle zur Demo mit, die Masse macht's", schwört sie die Besucher ein. Trotz der kämpferischen Worte zeigt das Treffen der Stammstrecken-Gegner, dass derzeit noch einige organisatorische Probleme gelöst werden müssen.

Bestärkt werden die Haidhauser in ihrem Protest auch von der Opposition in Landtag und Stadtrat. Der Landtagsabgeordnete Michael Piazolo (Freie Wähler) fordert breiten "Bürgerprotest", um die Pläne zu verhindern: "Das ist in der Politik immer sinnvoll." Vor allem, weil sich der Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher sicher ist, dass es im Stadtrat "keine Diskussionsbereitschaft" mehr gibt: "Der Druck muss von außen kommen." Für den ehemaligen Landtagsabgeordneten Martin Runge (Grüne) ist es daher wichtig, Argumente gegen den geplanten Ausbau vorzubringen. Das aktuelle Fahrplankonzept bedeute de facto für Hunderttausende eine Verschlechterung, durch die hohen Projektkosten in Höhe von bis zu 3,8 Milliarden Euro "kannibalisiert die Stammstrecke andere notwendige Verkehrsprojekte".

Diese Informationen will die Bürgerinitiative in den kommenden Wochen in Haidhausen weit streuen. Ein Grund, warum Monika Naggl am Samstag, 11. Februar, von 14 Uhr an durch das Viertel führt. Thema: "S-Bahn-Ausbau und Kinderleben in Haidhausen"; Treffpunkt ist vor dem Kaufhaus Kaufring am Orleansplatz. Außerdem sei derzeit eine Online-Petition in Arbeit, verrät Michelfeit. Wann diese freigeschaltet wird, steht aber noch nicht fest. Ebenso unklar ist, wie die BI in den sozialen Medien agieren will. Die derzeitigen Bemühungen stoßen nach Ansicht mancher Mitglieder nicht auf genügend Echo. Ein PR-Berater, der dieses Problem lösen könnte, sei schlicht zu teuer, sagt Michelfeit.

Die Demonstration soll deswegen vor allem durch Flyer beworben werden. Wie die Flyer-Aktion koordiniert wird, ist aber genauso wenig entschieden wie die Gestaltung der Demonstration selbst. So sind mehr als zehn Transparente vorbereitet, doch wer sie auf dem Wiener Platz in die Luft hält, ist trotz der Aufrufe an die Mitglieder nicht eingeteilt. Darüber hinaus wollte Michelfeit noch die Anträge für die Bürgerversammlung aufeinander abstimmen. Das Ergebnis ist ein Vorschlag: Das Alternativkonzept "S-Bahn 2030", das von den Landtags-Grünen in Auftrag gegeben wurde, müsse geprüft werden.

Neben der BI geht auch die Deutsche Bahn in eine "Informations-Offensive". In den kommenden Tagen hält die "Bauwagen-Infotour" in Haidhausen. An diesem Donnerstag, 9. Februar, und am Donnerstag, 16. Februar, steht der weiße Bauwagen zwischen 16 und 20 Uhr auf dem Weißenburger Platz. Zur gleichen Uhrzeit informieren am Donnerstag, 23. Februar, Projektmitarbeiter an der Ecke Elsässer Straße/Breisacher Straße über die Bauarbeiten zwischen dem Bahnhof Leuchtenbergring und dem Tunnelportal Ost nahe dem Haidenauplatz.

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