Haidhausen:Sind Zugangsbeschränkungen bei Bürgerversammlungen zulässig?

Haidhausen: Reizthema: Der Bau des zweiten S-Bahn-Tunnels steht kurz bevor.

Reizthema: Der Bau des zweiten S-Bahn-Tunnels steht kurz bevor.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das wollen Haidhauser Lokalpolitiker prüfen lassen, nachdem die Versammlung zur zweiten Stammstrecke verschoben werden musste.

Von Johannes Korsche, Haidhausen

Die spontan verschobene Bürgerversammlung zur zweiten Stammstrecke beschäftigt die Haidhauser Stadtteilpolitiker auch noch knapp einem Monat nach der turbulenten Veranstaltung. Weil bis zu 200 Bürger aus Sicherheitsgründen nicht mehr in den Saal des Hofbräukellers gelassen wurden, votierten die anwesenden Haidhauser für eine Verschiebung. Ein CSU-Antrag will nun erreichen, dass es deswegen bei zukünftigen Bürgerversammlungen keine "unbefriedigende Vertagung" mehr geben muss. Die Idee: Es soll geprüft werden, ob es rechtlich zulässig ist, "die Teilnahme an Bürgerversammlungen bei Bedarf auf stimm- beziehungsweise antragsberechtigte Personen" zu beschränken.

Andreas Micksch (CSU), stellvertretender Vorsitzender im Bezirksausschuss (BA), der den Antrag eingebracht hat, betont allerdings, dass er selbst bei seiner Idee "Bauchschmerzen" hat. Deswegen will er diese Option lediglich prüfen lassen. Zwar hofft Micksch, dass den Münchnern nie der Eintritt in eine Bürgerversammlung verwehrt bleibt, macht aber deutlich: "Die Bürgerversammlung im fünften Stadtbezirk ist vor allem für die Bürger aus dem fünften Stadtbezirk."

Heftige Kritik an der Idee äußern besonders die Grünen. Hintergrund ist die Beobachtung, dass bei etwa 500 anwesenden Bürgern im Saal lediglich circa 250 Stimmkarten verteilt wurden. "Im Umkehrschluss haben rund die Hälfte der Anwesenden Plätze für Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtbezirks blockiert." Demnach hätte der Platz in dem Saal vermutlich ausgereicht, wären nur Haidhauser und Anwohner aus der Au hereingelassen worden, spekuliert der Antrag. Für Bürger aus anderen Stadtvierteln, die die Bürgerversammlung verfolgen wollen, schlägt der Antrag eine andere Lösung vor. Sie könnten die Debatte in einem Nebenraum per Liveübertragung auf Bildschirmen verfolgen.

Vor allem die Grünen sind damit überhaupt nicht einverstanden. Sie "waren erschüttert", als sie den Antrag gelesen haben, sagt Lydia Dietrich, die für die Grünen im Stadtrat und BA sitzt. "Der Antrag ist gegen jegliches Demokratieverständnis und den Gedanken der Partizipation." Über das große Interesse - auch aus anderen Vierteln - sollte man sich eher freuen. Der Antrag "geht überhaupt nicht", bringt Dietrich ihre Meinung auf den Punkt. Für Ulrike Goldstein (Grüne) ist er sogar "rechtswidrig". Schließlich sei eine Bürgerversammlung für alle Münchner offen. Jemanden davon auszusperren, widerspreche der rechtsstaatlichen, freiheitlichen Grundordnung.

Auch die SPD hat den Antrag im Vorfeld "kontrovers in der Fraktion diskutiert", berichtet Nina Reitz (SPD). Da aber lediglich geprüft werden soll und kein Einlassverbot gefordert wird, unterstütze sie den Antrag. Denn auch für die BA-Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD) ist der Grund für die Vertagung eindeutig: "Es waren Leute aus der ganzen Region da." Zugleich seien viele Haidhauser vor der Tür gestanden, die wie gewohnt zu Beginn der Veranstaltung gekommen seien.

Ob der mehrheitlich verabschiedete Antrag der CSU bereits bis zur nächsten Bürgerversammlung die Rechtsfrage klärt, ist allerdings unsicher. Der Termin für die außerordentliche Bürgerversammlung findet, wie die Stadt am Freitag mitteilte, nun am 18. Mai in der Tonhalle, Grafinger Straße 6, statt. Diskutiert wird dort von 19 Uhr an.

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