Haidhausen:Ausgebremst

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Ein Radweg sollte durch die Neubauten auf dem ehemaligen Holzkontor in Richtung Auerfeldstraße führen. Der Bezirksausschuss Haidhausen kritisiert scharf, dass dieses Vorhaben jetzt einfach gestrichen wurde

Von Johannes Korsche, Haidhausen

Die Pläne für die Bebauung des ehemaligen Holzkontors stoßen im Haidhauser Bezirksausschuss (BA) auf scharfe Kritik. Hauptgrund dafür ist, dass anders als ursprünglich zugesichert nun kein Radweg entlang der Bahngleise in Richtung Auerfeldstraße entstehen soll. Dabei hatte sich die Stadt auf einen Tausch eingelassen, um den Radweg zu realisieren. Sie trat Teile eines Grundstücks an den Investor ab und erhielt dafür eine sogenannte Dienstbarkeit für einen Geh- und Radweg. Das bedeutet, dass dieser auch auf den Privatgrund des ehemaligen Holzkontors verlaufen dürfte. Nur unter dieser Voraussetzung hatte der BA der Grundstücksabtretung zugestimmt. Dementsprechend überrascht reagierten die BA-Mitglieder, als sie in einer Sitzung des Unterausschusses Planung erfuhren, dass der Radweg in den aktuellen Plänen nicht mehr auftaucht. "Das geht so nicht", sagt der Vorsitzende des Unterausschusses Verkehr, Ullrich Martini (Grüne).

Das Areal an der Kreuzung Orleans- und Rosenheimer Straße ist eines der letzten unbebauten und städtebaulich relevanten Grundstücke in Haidhausen. Nach mehr als hundert Jahren gab das Holzkontor Grombach 2012 den Betrieb auf. Die Erbengemeinschaft verkaufte daraufhin das Grundstück an ein Konsortium aus Phoenix Real Estate Development, der Büschl-Unternehmensgruppe und dem Hotelunternehmen Motel One. Auf dem Gelände planen die Investoren nun einen dreigeteilten Neubau mit bis zu acht Geschossen. Entlang der Bahntrasse sollen Büros der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) entstehen. Daran anschließend ist ein Gebäudeabschnitt mit etwa 120 Eigentumswohnungen geplant. Im dritten Teil des Gebäudes kommt ein Motel-One-Hotel unter. Anfang 2019 soll Eröffnung sein.

Das Planungsreferat hat nach eigener Aussage lange versucht, den Bau des möglichen Radwegs "offenzuhalten". Doch der große Aufwand - laut Behörde hätten Brückenbauwerke an der Balan- und Rosenheimer Straße dafür verbreitert werden müssen - und letztlich sehr hohe Kosten hätten gegen diese Lösung gesprochen.

Der Vorsitzende des Unterausschusses Planung, Heinz-Peter Meyer (SPD), fühlt sich nun von der Verwaltung "ein wenig gelöffelt". BA-Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD) ärgert sich, weil nun die "langfristige Planung" einer zusammenhängenden Verbindung für Radfahrer vom Giesinger Berg über das ehemalige Bernbacher-Gelände bis zum Ostbahnhof und dem Zentrum Haidhausen in Gefahr ist. Für einen SPD-Antrag, der fordert, den Geh- und Radweg "auch tatsächlich" umzusetzen, stimmte der BA einstimmig. Der fehlende Radweg ist nicht der einzige Kritikpunkt der BA-Mitglieder. Sie monieren außerdem das aus ihrer Sicht unzureichende Konzept für die Verkehrsanbindung des Hotels. Reisebusse hätten beispielsweise keinen eigenen Parkplatz vor dem Hotel. Die Grünen-Fraktion fordert deshalb, "sicherzustellen, dass nicht die Fuß- und Radwege von Bussen, Taxis oder Hotelgästen zugeparkt werden", wie es in dem einstimmig verabschiedeten Antrag heißt.

Für Dietz-Will (SPD) ist das Projekt noch aus anderen Gründen ein Ärgernis. Sie vermisst in den Plänen sowohl sozial geförderte Wohnungen als auch eine Kindertagesstätte. Sie sorgt sich um die Entwicklung der Wohnungspreise. "Die neuen Wohnungen sind so teuer - das hat Auswirkungen auf die Durchschnittspreise im ganzen Viertel." Das hätte umgangen werden können, sagt Dietz-Will: "Das Ganze resultiert daraus, dass wir kein Bauleitverfahren durchsetzen konnten."

Die Bauarbeiten haben bereits begonnen. (Foto: Robert Haas)

Ein solches Verfahren, das der Stadt ein Mitspracherecht bei der Planung einräumt, habe das Planungsreferat mehrmals abgelehnt. Die Behörde weist daraufhin, dass auf dem Gelände bereits Baurecht bestehe, es daher keinen Grund für ein Bauleitverfahren gebe. "Die jetzt festzustellenden Mängel", sagt Dietz-Will, "belegen deutlich, dass dies eine Fehleinschätzung gewesen ist."

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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