Hadern:Weil jede Minute zählt

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Der Klinikdirektor verteidigt einen Hubschrauber-Landeplatz auf dem Dach zur Versorgung Schwerstverletzter, mit 55 nächtlichen Flügen im Jahr halte sich die Belastung der Anwohner in Grenzen. Doch die Nachbarn rotieren

Von Berthold Neff, Hadern

Wenn es um Tod oder Leben geht, zählt jede Minute. Und deshalb wollen es die Verantwortlichen im Klinikum Großhadern so schnell wie möglich ermöglichen, dass die Rettungshubschrauber unmittelbar neben dem neuen Operativen Zentrum (OPZ) landen können, auf dem Dach des neuen Herz-, Lungen- und Gefäßzentrums. Dieses ist Teil einer groß angelegten Bauoffensive auf dem Klinikum-Campus. Wenn alles klappt, sollen die Bagger bereits 2021 anrollen und auch noch neue Bauten für Diagnostik und Forschung, für die Onkologie und die Verwaltung aus dem Boden stampfen. Die europaweite Architekten-Ausschreibung für dieses ehrgeizige Projekt ist bereits angelaufen, Anfang nächsten Jahres soll das Preisgericht den Sieger küren.

Rund um das Klinikum herrscht angesichts dieser massiven Veränderung große Unruhe. Am Montagabend, als Karl-Walter Jauch, der Ärztliche Direktor des Klinikums, die Pläne im Bezirksausschuss Hadern vorstellte, waren erneut - wie schon vor einem Monat - etwa 50 Anwohner erschienen, um gegen die Veränderungen vor ihrer Haustür zu protestieren.

Empört und teils auch ziemlich laut kritisierten sie vor allem den Standort des Dachlandeplatzes für den Rettungshubschrauber. Dessen Flugschneise führe nun unmittelbar über ihre Häuser, so dass in vielen Nächten an Schlaf nicht mehr zu denken sei. Das sei eine "extreme Schieflage zu Lasten der Anwohner", sagte eine Bürgerin. Man müsse mit Lärm-Spitzenwerten von etwa 94 Dezibel rechnen, und selbst die Patienten im Bettenhaus würden künftig diesen Lärm ertragen müssen.

Wenn die Hubschrauber künftig den Dachlandeplatz nutzen, fliegen sie eine Schleife nach Südosten - über der Sauerbruchstraße. (Foto: Lukas Barth)

Karl-Walter Jauch räumte ein, dass die Positionierung des Dachlandeplatzes an dieser Stelle, unmittelbar neben dem OPZ, "dem Maschinenraum der Klinik", problematisch sei, aber es führe leider kein Weg daran vorbei. Mittlerweile habe jede europäische Klinik von Rang einen solchen Dachlandeplatz, von wo die Patienten ohne Umlagerung direkt mit dem Aufzug in die OP-Säle gebracht werden können. Ohne Dachlandeplatz werde das Klinikum Großhadern die Genehmigung verlieren, Schwerstverletzte zu versorgen. Bisher müssten solche Patienten vom ebenerdigen Landeplatz im Westen des Geländes zweimal umgelagert werden und mit einem Rettungswagen von dort ins OPZ gefahren werden. Das dauere im Schnitt sieben Minuten, während ein Dachlandeplatz diese Zeit halbieren werde. "Für diese Patienten ist jede Minute kostbar", sagte Jauch. Die Belastung der Anwohner werde sich jedoch in Grenzen halten. Zum einen werde es voraussichtlich nur 55 solcher nächtlichen Patientenflüge auf den Dachlandeplatz geben, und zwar im Jahr - also etwa einen pro Woche. Er begründete auch, warum das Luftamt Süd die Flugroute über der Sauerbruchstraße festgelegt habe: Das Bettenhaus, umgangssprachlich "Toaster" genannt, verhindere durch seine schiere Höhe eine von der Wohnbebauung weiter entfernte Route. Jauch räumte ein, dass es besser gewesen wäre, den Dachlandeplatz auf das vor vier Jahren eröffnete OPZ zu bauen. Das sei bei der Planung versäumt worden. Später, als solche Standorte auf dem Dach vorgeschrieben wurden, sei es zu spät dafür gewesen, die Statik des Gebäudes stand dagegen. Von Anwohnern wurde die Idee ins Spiel gebracht, die Hubschrauber auf dem neuen Parkhaus mit 1700 Stellplätzen landen zu lassen. Dafür müsste dieses Gebäude aber mit einer ausreichenden Statik gebaut werden, gab Jauch zu bedenken.

Weil die Emotionen immer wieder hochkochten, musste der BA-Vorsitzende Johann Stadler (CSU) öfter eingreifen. Die BA-Mitglieder, die eine Stellungnahme zu diesen Plänen abgeben sollen, sahen sich dazu außerstande. Auf Initiative von Isabella Fiorentino (SPD) und Renate Unterberg (Grüne) beschloss das Gremium einstimmig, die Pläne "mangels belastbarer Informationen in dieser Form" erst einmal abzulehnen - vor allem im Hinblick auf die Prognose zur Zahl der Rettungsflüge.

Die Frist für Einwendungen zum Dachlandeplatz läuft an diesem Donnerstag, 14. März, ab. Klinikum-Chef Jauch sagte jedoch zu, dass man bereits eingelegte Einwendungen auch noch zwei bis drei Wochen danach konkretisieren könne. Am Donnerstag, 28. März, wird es im Klinikum Großhadern eine Informationsveranstaltung geben, um 18.30 Uhr im Hörsaal 5, Marchioninistraße 15.

© SZ vom 14.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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