Gymnasien in Bayern:Eltern brauchen eine bessere Vertretung

"Das G8 ist am Ende" vom 3. August und Leserbriefe "Gymnasium paradox - mit einem neunjährigen G8" vom 22. August:

Die Gymnasialeltern von Kindern an staatlichen Gymnasien in Bayern haben keine effektive Vertretung gegenüber dem Kultusministerium. Sie erfahren regelmäßig zuerst aus den Medien die vom Kultusministerium getroffenen (Nicht-)Entscheidungen. Als Wähler können die Eltern allerdings immer erst bei der nächsten Landtagswahl reagieren. Dann dürfte es allerdings zu spät sein, um die Interessen von Gymnasialeltern und deren Kindern im Bereich der Zukunftsplanung noch erfolgreich durchzusetzen. Es fehlt nämlich in Bayern an einer gesetzlich institutionalisierten Elternmitbestimmung auf Landesebene.

Der Elternarbeitsforscher Prof. Dr. Werner Sacher von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat das untersucht: Wenn Eltern in einem "Landeselternbeirat" als Gegenüber des Kultusministeriums mitreden können, ergäbe das gelebte Partizipation und würde so auch entsprechende Kontrollmechanismen enthalten. Das Ergebnis seiner Untersuchung ist: Die Elternmitbestimmung auf Landesebene in Bayern hat großen Nachholbedarf. In Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland sei das weitgehend angemessen erfüllt, in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und der Hansestadt Bremen gebe es "erkennbare Bemühungen", Bayern sei Schlusslicht.

Die Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV) als eingetragener Verein rühmt sich zwar, die Interessen von 500 000 Eltern in Bayern zu vertreten. Dieser Verein hat die G8-Entscheidungen des Kultusministeriums in den letzten Jahren distanzlos nach außen getragen, die Schaffung eines gesetzlich normierten "Landeselternbeirats" abgelehnt und jede Aufklärungsarbeit zum Thema G8/G9 für die Gymnasialeltern in Bayern mit einem eigenen Konzept vermissen lassen, soweit es von kultusministeriellen Vorgaben abwich. Man war bei der LEV für das G8, weil das Kultusministerium dafür war. Man akzeptierte die "Flexibilisierung" der Mittelstufe, weil sie das Kultusministerium entwickelt hatte. Deshalb ist dieser Verein auch "gegen" eine gesetzliche Elternvertretung auf Landesebene (Landesschulbeirat) in Bayern, weil dann nicht mehr 12 gewählte LEV Vorstandsmitglieder eines eingetragenen Vereins die eigene Suppe kochen könnten. Nur so lässt sich die Forderung des Elternfunktionärs Rainer Kleybolte aus München in der SZ vom 22. August (Leserbrief "Das ist keine Entscheidung") an das Kultusministerium nachvollziehen: "Treffen Sie eine Entscheidung für oder gegen G8 oder G9, aber treffen Sie eine!". Hilfloser als hilflos klingt dieser Appell, es wird weder ein eigener Standpunkt zu G8/G9 erkennbar, noch finden sich die Elterninteressen von Gymnasialkindern in dieser Aufforderung ans Ministerium wieder.

Dieser Hilfeschrei der LEV ist im Klartext eine Aufforderung ans Kultusministerium, endlich einen gesetzlich normierten Landesschulbeirat als Elternvertretung auf Landesebene und auf Augenhöhe mit dem Ministerium einzurichten. Das gäbe dann die notwendige demokratische Legitimation für die Entscheidungen der Eltern gegenüber dem Kultusministerium. Prof. Dr. Ernst Fricke, Landshut

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