Gruß-Initiative:Taufkirchen - die freundlichste Gemeinde der Welt

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Jörg Pötke, Bürgermeister in Taufkirchen bei München, hat eine Vision: In seiner Gemeinde sollen sich alle Menschen grüßen. Deshalb sollen künftig alle grußwilligen Bürger spezielle Anstecker tragen. Wird Taufkirchen mit dieser Hallo-Initiative zu einer Hochburg der Höflichkeit?

Stefan Mühleisen

Freundliches, unerwartetes Grüßen ist selten geworden - viel zu selten, denkt Taufkirchens Bürgermeister Jörg Pötke. Mit einer ungewöhnlichen Initiative will er die Bürger jetzt animieren, einfach mal "Hallo" zu sagen.

Dieser Button zeigt künftig allen Menschen in Taufkirchen: Ich möchte gerne gegrüßt werden. (Foto: Gemeinde Taufkirchen)

Pötke beobachtet schon seit längerem mit Missfallen, dass die Gruß-Muffel in seiner Gemeinde mehr werden. "Die Menschen gehen mit einem Tunnelblick aneinander vorbei", weiß er aus eigener Anschauung. Mit einer "Gruß-Initiative" stemmt sich der Bürgermeister nun gegen die schweigende Mehrheit. Sie soll ein Signal gegen Anonymität sein, und "die Sensibilität für die Mitmenschen erhöhen", wie Pötke sagt.

Als Motto hat er sich den kleinsten gemeinsamen Nenner überlegt: Die Aktion trägt den Titel "Hallo", ein durchaus schlichter Gruß, wie Pötke zugibt. Dennoch: "Besser hallo sagen als gar nichts", ist der Bürgermeister überzeugt. Vorschreiben will er den Taufkirchnern jedenfalls nicht, mit welcher Grußformel sich die Bürger aufmerksamer begegnen sollen. "Servus", "Grüß Gott", "Guten Tag" oder einfach nur "Hallo" - alles ist erwünscht.

In Deutschland dürfte diese Aktion einmalig sein: Taufkirchner, die prinzipiell grüßen oder begrüßt werden wollen, wird man bald an einem Anstecker erkennen können. 5000 Buttons mit einem "Hallo"-Logo hat Pötke bereits anfertigen lassen. Dazu prangt die Anrede in großen Lettern von der ersten Seite der Gemeinde-Nachrichten, die an alle Haushalte in Taufkirchen verschickt wurde.

Pötke hat zudem große Hallo-Transparente aufhängen lassen, eine kollektive Grußbotschaft, die den ganzen Ort verwandeln soll. Damit will er die Lust der Taufkirchner nach sozialen Kontakten wecken. "Vielleicht kommt es ja zu einem Aha-Effekt, und einige sagen sich: Ach, das probiere ich jetzt auch mal", sagt Pötke.

Schon am morgigen Mittwoch soll die Gruß-Orgie losgehen: Rathausmitarbeiter und Gemeinderäte werden den ganzen Tag über am Bahnhof und am Einkaufszentrum Ansteck-Buttons mit dem "Hallo-Logo" verteilen. Laut Pressemitteilung gibt es sogar ein "Lenkungsteam" für die Initiative. In seiner Begeisterung spricht Pötke bereits von einer "Initialzündung", durch die sich das Grüßen in Taufkirchen "wie eine Lawine verbreiten" soll.

Ist also davon auszugehen, dass man sich in der 19.000-Einwohner-Gemeinde bald nicht mehr wortlos bewegen kann? Vielleicht wird man sogar eher exotische Formeln wie "Moin, moin!" - Pötke ist Hamburger - in der Öffentlichkeit hören.

Sollte sich der Bürgermeister mit seiner Vision gegen die Fraktion der mürrischen Grantler durchsetzen, dann könnte sich Taufkirchen zur Hochburg der Höflichkeit entwickeln. Andererseits könnten es Bürger auch beim Bekenntnis aus Blech bewenden lassen: Warum noch "Hallo" sagen, wenn das mit dem Button an der Brust schon erledigt ist?

© SZ vom 28.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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