Grüne fordern Hebammenkreißsäle:Mehr Varianten für werdende Mütter

Geburten in St.Elisabeth und St. Barbara in Halle

Babys im Krankenhaus: Grüne fordern einen Hebammenkreißsaal in städtischen Krankenhäusern in München.

(Foto: dpa)

Werdende Mütter haben in München verschiedene Möglichkeiten zur Geburt ihres Babys. Doch nun wollen die Grünen den Schwangeren eine weitere Alternative bieten: Hebammenkreißsäle an städtischen Kliniken.

Von Anna Günther

Fast 16.000 Kinder wurden im vergangenen Jahr in München geboren. Die meisten kamen in einem Krankenhaus zur Welt, betreut von den Ärzten und Hebammen des Klinikums. Die Grünen im Stadtrat möchten den Gebärenden nun neben Geburtshäusern und der Niederkunft im eigenen Wohnzimmer noch eine weitere Alternative bieten. An den städtischen Kliniken sollen Hebammenkreißsäle entstehen, in denen die Frauen mit der Hebamme entbinden, die sie während der Schwangerschaft begleitet hat. Nicht die am Klinikum angestellten Ärzte und Geburtshelfer treffen die Entscheidungen, sondern die vertraute Hebamme.

Seit gut zehn Jahren gibt es in Deutschland dieses Modell, mittlerweile bieten Krankenhäuser in 13 Städten einen Hebammenkreißsaal an. Eine Studie der Hochschule Osnabrück ergab, dass in Hebammenkreißsälen häufiger spontane Geburten stattfinden, weniger Medikamente gegeben und weniger Kaiserschnitte durchgeführt werden. Laut der Bayerischen Perinatalstudie wird in München weitaus öfter ein Kaiserschnitt angeordnet, als von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen. Die WHO gibt 15 Prozent aller Geburten als Richtmaß aus, in München sind es je nach Krankenhaus 19 bis 43 Prozent. Die befragten Frauen waren laut der Studie außerdem mit Umgebung und Betreuung deutlich zufriedener und wurden öfter in Entscheidungen einbezogen, als die Mütter im Kreißsaal unter ärztlicher Regie. Anders als bei einer Hausgeburt können die werdenden Mütter im Hebammenkreißsaal sofort an den normalen Kreißsaal übergeben werden, wenn medizinische Eingriffe nötig werden.

In der Regel dürfen die vertrauten Hebammen zwar auch jetzt bei der Geburt im Klinikum dabei sein, medizinische Entscheidungen und die Betreuung der Gebärenden übernimmt aber das festangestellte Personal. Entsprechend gering ist der Bedarf in München aus Sicht des städtischen Klinikums. 84 angestellte Hebammen wirken in den elf Kreißsälen in Neuperlach, Schwabing und Harlaching. Dass die Zahl der Geburten 2013 deutlich gestiegen ist, wertet man dort als Bestätigung des bewährten Konzepts. 5341 Babys kamen in den städtischen Kliniken auf die Welt, mehr als ein Drittel der Neugeborenen.

"Viele Frauen wollen nicht das gesamte Klinikpaket, sondern mit ihrer Hebamme allein entbinden", sagt Lydia Dietrich von den Grünen. Die Haltung des Klinikums könne sie nicht nachvollziehen. Dass im Hebammenkreißsaal auch freischaffende Hebammen in den Krankenhäusern wirken könnten, "hätten wir natürlich gerne", sagt Dietrich. Die Idee für den Münchner Hebammenkreißsaal sei aufgekommen, als sie mit Geburtshelferinnen über den Anstieg der Berufshaftpflichtversicherung sprach. 2010 war der Beitrag um 55,5 Prozent angehoben worden. 2014 könnte sich die Versicherungsprämie laut Deutschem Hebammenverband auf 5000 Euro erhöhen. Immer mehr freischaffende Hebammen geben wegen der gestiegenen Kosten bei niedrigem Gehalt ihren Beruf auf. Der Gesundheitsausschuss des Stadtrates beauftragte das Referat für Gesundheit und Umwelt einstimmig, im Sommer eine Informationsveranstaltung mit den Vertretern der Kliniken, Hebammen und Frauenärzten abzuhalten.

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