Großer Andrang:Gefährliche Lügen

Veranstalter laden zur öffentlichen Diskussion über Fake News ein

Von Thomas Jordan

Wenn sich die Mächtigen der Welt im Bayerischen Hof versammeln, bleiben sie unter sich. Für den gewöhnlichen Münchner bedeutet die Sicherheitskonferenz vor allem Absperrungen, Demonstrationen, Kontrollen. Mit wenigen Ausnahmen. In diesem Jahr hat Konferenz-Veranstalter Wolfgang Ischinger schon am Tag zuvor interessierte Gäste in das Tagungshotel zu einer Diskussionsveranstaltung geladen - und mit mehr als 300 Besuchern war der Festsaal bis auf den letzten Platz gefüllt.

Das liegt sicher an der seltenen Möglichkeit, die Sicherheitskonferenz einmal aus anderer Perspektive zu erleben, aber auch am Thema: dem Umgang mit "Fake News", gezielten Manipulationen von Informationen also, mit denen Mediennutzer getäuscht und die Politik beeinflusst werden. "Fake it, hack it, leak it, spread it? A 'Post-Truth World' and the defense of democracy" lautet der Titel, allerdings geht es bei der anschließenden Podiumsdiskussion dann weniger um die politischen Folgen von Fake-News für die Demokratie, sondern vor allem um die Verantwortung der Medien im Umgang mit manipulierten Nachrichten.

Dabei saßen mit dem ehemaligen CIA-Chef David Petraeus und der amerikanischen Sicherheitsexpertin Fiona Hill eigentlich zwei ausgewiesene Spezialisten auf dem Podium. Der Einwurf der Washingtoner Russland-Expertin Hill, Fake-News seien auch deswegen so perfide, weil sie oft nicht isoliert, sondern umgeben von wahren Fakten auftauchten, verpufft auf dem Podium recht schnell, eine lebhafte Diskussion will an diesem Nachmittag nicht so recht aufkommen. Das merkt auch Moderator Julian Reichelt, Bild-Chefredakteur, an, wenn er seine Gesprächspartner dazu auffordert, nicht gar so brav zu sein.

Es bleiben trotzdem eher Statements, die die Gäste auf dem Podium abgeben. Sean Carpenter, Leiter von Jigsaw, der Abteilung gegen Online-Zensur von Google, berichtet von einer technischen Lösung im Kampf gegen Fake News, an der sein Unternehmen arbeite. Ein Algorithmus soll Suchergebnisse auf die Vertrauenswürdigkeit ihrer Quellen überprüfen, damit Google-Nutzer leichter einschätzen können, welche Informationen stimmen.

Investigativjournalist Georg Mascolo weist darauf hin, dass nicht die Lügen in der Politik neu seien, sondern nur die Möglichkeiten, Unwahrheiten direkter zu verbreiten. Deshalb plädiert er dafür, dass Journalisten nur unter größter Vorsicht und nur, wenn ein öffentliches Interesse bestehe, brisante, vertrauliche Informationen publizieren sollten - um nicht zum Handlanger bei der Verbreitung von Fake News zu werden.

Alle gemeinsam dürften eben nicht faul sein, wenn man die liberale Demokratie verteidigen wolle, fasst Reichelt die Diskussion zusammen. Diesem Appell würden wohl auch die Zuschauer zustimmen: Die öffentliche Diskussion über so aktuelle Themen sei gut, "inhaltlich hätte ich mir aber etwas mehr erwartet", sagt die Betriebswirtin Margaret Hafendörfer nach der Veranstaltung. Interessanter als die debattierten Themen findet mancher Teilnehmer ohnehin den Blick hinter die Kulissen der Macht.

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