Großbrauerei schluckt Müncher Traditionsbrauereien:Der Löwe brüllt jetzt belgisch

Zwei Tage vor dem Beginn des Oktoberfestes gehen in München die traditionsreichen Brauereien Spaten-Franziskaner und Löwenbräu in ausländische Hände über. Der belgische Braukonzern Interbrew wird die Münchner Gruppe bis Ende September nächsten Jahres übernehmen. Die Marken bleiben aber erhalten.

Von Astrid Becker und Martin Hammer

(SZ-Artikel vom 19.9.2003)— Nach dem Einstieg des niederländischen Heineken-Konzerns mit 49,9 Prozent bei der Brauerei-Holding der Schörghuber-Gruppe (bei Paulaner 24,9 Prozent) Anfang 2001 betritt nun ein weiterer internationaler Großkonzern den Münchner Markt. Die Brauereien der Spaten-Löwenbräu-Gruppe werden nun vollständig von der belgischen Interbrew geschluckt.

"Für München als Braustandort ist das ein trauriger Moment", kommentierte eine konkurrierende Brauerei, doch ansonsten befürchten Wirte, Politiker und Arbeitnehmer keine negativen Folgen aus dem Gesellschafterwechsel Helmut Schmid, Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion und Wiesn-Stadtrat, sieht die Übernahme gelassen. "Es ist zwar schade, wenn die Brauerei in fremde Hände kommt, aber ich sehe keinen Schaden für das Image des bayerischen Biers." Wichtig sei, dass weiter nach dem Reinheitsgebot gebraut werde.

"Es ändert sich ja nur der Besitzer"

Auch auf die Vergabe der Wiesn-Zelte wird die Übernahme wohl keine Auswirkungen haben. "Der Grundsatz ist, dass die Brauereien, die ein Festzelt haben, aus München kommen müssen." Nun komme es auf die Definition von Münchner Brauerei an. "Für mich ist entscheidend, dass der Betriebssitz in der Stadt liegt und dort auch Gewerbesteuer gezahlt werden muss." So nimmt auch Löwenbräu-Festwirt Wiggerl Hagn den Verkauf nicht tragisch: "Ich glaube nicht, dass das Konsequenzen für uns haben wird. Es ändert sich ja nur der Besitzer, nicht aber die Ideologie."

Dass die beiden Braustätten erhalten bleiben, sei das oberste Ziel der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, erklärt deren Pressesprecher Walter Linner. Da der Interbrew-Konzern bisher die regionalen Marken erhalten habe, stünden die Chancen dazu nicht schlecht. Welche Auswirkungen die Übernahme auf die Arbeitsplätze in München haben wird, sei nicht absehbar. "Alles, was wir derzeit dazu sagen können, wäre reine Spekulation." Man wolle nun so schnell wie möglich das Gespräch mit den neuen Eigentümern suchen.

Der Geschäftsführende Gesellschafter der Spaten-Löwenbräu-Gruppe, Jobst Kayser-Eichberg, betonte gestern: "Unsere Entscheidung wird die Brauereistandorte langfristig sichern und die Bedeutung der Brauereien für Arbeitsplätze und deren Image in Bayern aufrechterhalten." Für die rund 950 Münchner Mitarbeiter der Gruppe sieht Manfred Wastian, Betriebsratsvorsitzender bei Löwenbräu, denn auch keine Gefahr. "Von unserer Seite gibt es keinen Grund zur Unruhe, ich sehe die Übernahme sogar eher positiv". Auf lange Sicht sei die Zusammenarbeit mit einem starken internationalen Partner wohl notwendig, um am Markt bestehen zu können.

Bereits im Mai hatte Spaten-Franziskaner ein Bündnis mit einem größeren ausländischen Partner nicht ausgeschlossen. Von einem Verkauf war damals nicht die Rede. Im Geschäftsjahr 2001/02 hatte Spaten-Franziskaner den Absatz leicht auf knapp 2,9 Millionen Hektoliter Bier gesteigert. Gerüchte über vorausgegangene Gespräche bezüglich gemeinsamer Produktionsstätten mit Paulaner wollte gestern niemand bestätigen. Nach dem Verkauf der Gruppe gibt es nur mehr zwei rein Münchner Brauereien: Augustiner und die Staatliche Hofbräu.

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