Grand Prix auf jüdisch:Trällern beim "Jewrovision" Song Contest

Beim "Jewrovision" Song Contest trafen sich in München jüdische Jugendliche aus 14 deutschen Städten, um sich musikalisch zu messen. Und in der Jury saß Produzent Ralph Siegel.

Philipp Crone

Diese Tür ist die strengst bewachte Münchens an diesem Abend. Da kann das P1 einpacken. Wer hier durch will, muss zunächst an der Polizei vorbei, beim Türsteher seinen Ausweis zeigen, sich abtasten lassen und die Eintrittskarte abgeben.

Grand Prix auf jüdisch: Zur "Jewrovision" kamen hunderte jüdische Jugendliche in die Elser-Hallen nach München.

Zur "Jewrovision" kamen hunderte jüdische Jugendliche in die Elser-Hallen nach München.

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Es ist die Tür zur "Jewrovision 2008", dem musikalischen Wettstreit jüdischer Jugendlicher aus ganz Deutschland, ausgetragen am Samstagabend in den Georg-Elser-Hallen.

Ist man an der Sicherheitskontrolle vorbei, wartet drinnen eine kleine Märchenwelt - wie beim echten Grand Prix, dem Eurovision Song Contest, nur alles eine Nummer kleiner: der Saal, die Bühne und das Publikum. Die Stimmung ist allerdings wie bei den Großen, nein, besser. Nur einen einzigen Buhruf wird es geben, der Rest ist Freude und Spaß, auch für die Münchner Titelverteidiger um die 18-jährige Alina und die Juroren um Produzent Ralph Siegel.

Im Saal riecht es nach Nebelmaschinen, die 700 Zuschauer und Fans sind dem Alter nach aufgereiht: Vorne die Jüngsten, die Elfjährigen, dahinter die Teenager, ganz hinten die Eltern.

Aus einer Ecke schallt es "Berlin!", die prompte Antwort von gegenüber: "München!" Israel-Fähnchen werden geschwenkt, Ratschen gedreht. Auf einem Transparent steht "Auswärtssieg". Eine Rede, dann kann es losgehen.

Charlotte Knobloch, Zentralratspräsidentin und Münchner Gemeindevorsitzende, sagt, worum es an diesem Abend geht: "Wir werden gemeinsam feiern und neue Freundschaften schließen." Und so ist die Stimmung. Die Jugendlichen warten nur darauf, wann sie wieder jubeln können und die Gruppen, wann sie auf die Bühne dürfen. Alle haben ein Lachen im Gesicht. Es ist eher ein miteinander antreten, als gegeneinander.

14 jüdische Jugendzentren nehmen an der Veranstaltung teil. Berlin macht den Anfang. Tänzer und Sänger betreten die Bühne, Siegel schiebt sich seine getönte Brille auf die Stirn, zückt Stift und Block.

Trällern beim "Jewrovision" Song Contest

Backstage, der Raum nebenan: Alina sitzt mit ihrer zwölfköpfigen Gruppe vor der Leinwand und erwartet gespannt die erste Einlage. Hinter und neben ihr dehnen sich Tänzerinnen, andere essen Pizza, trinken, besprechen die Choreographie, laufen rum, setzen sich, stehen wieder auf. Es riecht nach Energie, genauer gesagt nach Bananen.

Berlin startet aus dem Dunkeln in den bestrahlten Nebel, der erste und einzige Buh-Ruf, Gesang und Tanz, Jubel. Dann kommen Augsburg und Düsseldorf. Alina sagt: "Es ist schön, jüdische Leute kennen zu lernen. Das ist hier ein bisschen wie ein Familientreffen."

Neben ihr sitzt der elfjährige Dima. Nervös, vor 700 Zuschauern aufzutreten? "Es sind 850!" So viele waren es seit dem Start vor sieben Jahren noch nie. Draußen im Saal wird gelacht, als der Moderator den Song "Jewish Lover" ankündigt und sagt: "Ein guter Jude - steinreich und attraktiv."

Ralph Siegel sagt in der Pause: "Diese herzlichen Emotionen im Saal - das ist eine liebenswerte Miniaturausgabe des Grand Prix." Zur zweiten Hälfte tritt das Gähnen in den vorderen Reihen in Konkurrenz zum Jubeln, manche wandern nach hinten zu den Eltern. Töchter lehnen sich an mütterliche Schultern, aber zum Jubeln richten sie sich immer wieder auf.

Alina wird langsam nervös. Gleich sind sie dran. "Es kribbelt überall." Dima nickt zustimmend. Sie singen sich ein. Bei fast allen Gruppen stimmt die Choreographie, nur im Gesang unterscheiden sie sich.

Um Viertel nach eins wird gewählt, München landet auf Platz fünf, Sieger wird Düsseldorf mit der schönsten Stimme. Dann teilt sich die Gruppe, die Jüngsten müssen nach Hause, die anderen feiern weiter, bis um vier Uhr. Die Aufregung legt sich. Alina lernt jemanden aus Heidelberg und Augsburg kennen. Und die Jüngsten? Am nächsten Tag geht das Gerücht um, dass auch Dima & Co noch bis tief in die Nacht beim Spielen Freundschaften knüpften.

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