Graffiti am alten Viehhofgelände:Kunst aus der Dose

Lesezeit: 2 min

  • 1200 Quadratmeter, etwa 20 Graffitikünstler, wenig Zeit: Beim "Deadline"-Festival auf dem Viehofgelände wird eine 150 Meter lange und acht Meter hohe Mauer bemalt und besprüht.
  • Die Aktion ist öffentlich, es geht um "Live-Painting" - das heißt, die Arbeit an dem Werk kann am Wochenende, 15. bis 17. Mai, von Publikum verfolgt werden.
  • Angekündigt haben sich auch zwei der bekanntesten Künstler der Münchner Szene - der Sprayer Loomit, seit langem weltweit bei Ausstellungen vertreten, und Satone.

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Auf dem ehemaligen Viehhofgelände soll Münchens größtes urbanes Kunstwerk entstehen. Mehr als 20 Graffitikünstler, die meisten aus Deutschland, haben angekündigt, dass sie eine 150 Meter lange und acht Meter hohe Mauer bemalen und sprayen wollen. Die Aktion ist öffentlich, es geht um "Live-Painting" - das heißt, die Arbeit an dem Werk kann am Wochenende, 15. bis 17. Mai, von Publikum verfolgt werden. Unter dem Motto "Deadline" ist das Projekt als Festival auf dem Viehhofgelände konzipiert: Bis Sonntag, 17. Mai, um 17.05 Uhr und 15 Sekunden haben die Akteure Zeit, ihre Bilder fertig zu stellen.

"Für uns bietet sich eine einzigartige Fläche", sagt Michael Gmeiner von Graphism, einem Münchner Kollektiv, das das Projekt organisiert. Damit meint er nicht nur die schier endlose weiße Wand - ein Traum für jeden Sprayer. Vor allem der Raum sei attraktiv, sagt Gmeiner, der selbst in der Szene unterwegs ist. Das Schlacht- und Viehhofgelände sei eines der letzten in München, das "noch nicht so glattgeleckt" sei. Für Sprayer sei das Gelände einzigartig in München. Davon zeugen auch die vielen Graffiti, die dort laufend entstehen, vor allem auf der Rampe.

1200 Quadratmeter für Kunst

Die 1200 Quadratmeter an einer Hallenrückseite sind allerdings noch weiß und für die Profis reserviert. Die renommierten Graffitikünstler stehen für eine spannende Auswahl an Stilrichtungen, sagt Michael Gmeiner und gerät ins Schwärmen: "Wir können damit zeigen, auf welch hohem Niveau sich Kunst im öffentlichen Raum aktuell bewegt." Ein Projekt dieser Größe und mit so vielen Künstlern habe es noch nie in der Stadt gegeben. Ihn erinnert es - wenn auch wesentlich kleiner dimensioniert - an große Kunstaktionen wie die Art Basel in Miami, bei der ganze Stadtviertel verändert werden. Zumindest der Anfang sei mit diesem Festival gemacht: "Es ist wunderbar, dass sich München endlich öffnet."

In dieser Woche hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die Schirmherrschaft für das Deadline-Festival übernommen. Ins Rollen gekommen ist die Aktion durch einen Antrag des Stadtteilpolitikers Martin Arz (Rosa Liste), der es als Urban Art Project des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt umgesetzt sehen wollte und mit dem Vorschlag auf Begeisterung stieß. Doch ein Projekt dieser Dimension kann ein Bezirksausschuss alleine nicht stemmen. Auch das Kulturreferat sagte Unterstützung zu, allerdings war die Summe noch bis zuletzt unklar. 11 000 Euro allein benötigen die Sprayer mindestens für das Material und die Hebebühnen.

Mit Sprühdose, Roller oder Pinsel

Mittlerweile haben sich nicht nur klassische Graffitikünstler und Streetartists angekündigt. Michael Gmeiner geht davon aus, dass die Graffiti sehr unterschiedlich werden: "Jeder hat seine Fläche, und deren Gestaltung liegt in seiner Verantwortung." Es sind einige dabei, die nicht mit der Sprühdose, sondern mit Roller oder Pinsel Farbflächen gestalten und sehr abstrakt arbeiten.

Angekündigt haben sich auch zwei der bekanntesten Künstler der Münchner Szene - der Sprayer Loomit, seit langem weltweit bei Ausstellungen vertreten, und Satone. Er bringt sich überlagernde, graphisch gestaltete Farbflächen auf die Wand. Mit dabei sind auch 44 Flavors aus Berlin, die wie die Münchner Graphism professionell Fassaden und Innenräume gestalten. The Weird, Jeroo, Kurls, Doktr, Rookie, Riko, Levy und die Crew von JDIS aus Stuttgart wollen beim 1200-Quadratmeter-Werk mitmachen, ebenso City Slickaz, Cone, 2Face und Buntlack.

Wie lange das große Werk letztendlich dann Bestand haben wird, ist noch offen. In den nächsten Jahren wird wohl die Gebäudezeile auf dem Viehhofgelände abgerissen, an der Stelle soll ein Neubaugebiet entstehen. "Doch solange die Wand noch steht, bleibt das Werk. Es sei denn, die Fläche wird im nächsten Jahr wieder neu gestaltet", prognostiziert der Stadtteilpolitiker Martin Arz.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ MagazinGraffiti mit dem Sohn
:Halt mal die Dose, Papa

Was macht man als Vater, wenn der Sohn gern Wände besprüht? Unser Autor geht einfach mit - selbst wenn er dafür über den Zaun des Eisenbahngeländes klettern muss.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: