Gräfelfing:Zum Wohl

15 Mitarbeiter der chinesischen Groß-Brauerei Tsingtao lernen an der Fachakademie Doemens in Gräfelfing von ihren deutschen Kollegen. Von der Zeugnisvergabe berichtet sogar das Staatsfernsehen ins Reich der Mitte

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Stadt Tsingtao in China und die Gemeinde Gräfelfing liegen mehr als 10 000 Kilometer und etliche kulturelle Unterschiede voneinander entfernt. Doch eines haben die beiden Orte gemeinsam: die Leidenschaft für Bier. In Tsingtao steht Chinas zweitgrößte Brauerei, die denselben Namen trägt wie die Drei-Millionen-Stadt - in Gräfelfing ist die Brauerei-Fachakademie Doemens angesiedelt. Hier haben in den letzten sechs Monaten 15 Tsingtao-Mitarbeiter in die Kessel deutscher Bierbraukunst geblickt und eine Fortbildung absolviert. Nun erhielten sie ihre Zeugnisse - und die beiden Brauerstandorte besiegelten zudem eine Kooperation.

Gräfelfing: Etikette und Etiketten: In feierlichem Rahmen wird der Abschluss gefeiert.

Etikette und Etiketten: In feierlichem Rahmen wird der Abschluss gefeiert.

(Foto: Stephan Rumpf)

Grund genug für hohen chinesischen Besuch: Ein Team des Staatsfernsehens reiste an, der in München beheimatete Konsul, fünf Korrespondenten chinesischer Zeitungen sowie Führungskräfte der Tsingtao-Brauerei kamen in den Garten der Gräfelfinger. Da haben dann auch die Doemensianer gestaunt - schließlich haben sie häufig ausländische Studenten zu Gast, ständig werden Zeugnisse überreicht. Doch der Rahmen, den jetzt die chinesischen Gäste für die Zeremonie absteckten, war auch bei Doemens "etwas Besonderes", wie Geschäftsleiter Gerrit Blümelhuber feststellte. Oder wie es ein Mitarbeiter in Brauer-Sprache ausdrückte: "Die machen ein Riesenfass auf."

Gräfelfing: Gefeiert wird auch mit Kamerateams und Zeitungskorrespondenten aus China.

Gefeiert wird auch mit Kamerateams und Zeitungskorrespondenten aus China.

(Foto: Stephan Rumpf)

Und so stehen im Doemensgarten rotgepolsterte Stühle in Reihen in der heißen Nachmittagssonne, die Herren schwitzen im Anzug, die Damen im kleinen Schwarzen. Das chinesische Staatsfernsehen baut seine Kamera auf, überall stapeln sich Kisten voller Tsingtao-Bier, vor einer Thujenhecke glänzt ein Transparent: Die Kooperation von Tsingtao, einst deutsche Kolonie, und Gräfelfing wird darauf begrüßt.

Seit fast 30 Jahren gibt es einen akademischen Austausch zwischen der chinesischen Brauerei - das Unternehmen produziert mehr Bier im Jahr als ganz Deutschland und ist die sechstgrößte Brauerei der Welt - und der Brauerei-Fachakademie Doemens. Bislang gab es Kurzbesuche der Chinesen in Gräfelfing, die deutschen Braumeister reisten in die Volksrepublik, um die dortigen Kollegen zu schulen. Jetzt soll der Austausch intensiver werden, denn von den Gräfelfinger Bierlehrern wollen sie viel lernen, sagt Yue Jie, eine der Studentinnen - zum Beispiel neue Technologien, wie man Qualitätsstandards hält oder mehr Hopfenaroma ins Bier bekommt.

Der Tsingtao-Klassiker ist ein Lagerbier mit 4,7 Prozent Alkohol - und Reis. Blümelhuber nimmt einen Zug: "Nicht so mastig, genau richtig für so ein Wetter." Im Garten ist es jetzt soweit. Der chinesische Konsul Tao Bailiang ist angekommen, er sitzt mit der Brauerei-Präsidentin Jiang Hong und Schulleiter Wolfgang Stempfl in der ersten Reihe. Dann werden unter Applaus die Zeugnisse überreicht.

Ach, ja, eines haben die Chinesen auch noch gelernt: Dass der Deutsche sein Bier immer und überall trinkt - und nicht nur zum Essen wie es in China üblich ist. Und dass es so etwas Leckeres wie Weißbier gibt, sagt Yue Jie. Und so kam es allen durchaus entgegen, dass der gesellige Teil der Feierlichkeiten am Abend dann im "Weißen Bräuhaus" stattfand.

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