Gräfelfing:Unerwartete Altlasten

Die Gaststätte Lochhamer's und das Jugendzentrum "Freizi" sind dringend sanierungsbedürftig. Vorerst will die Gemeinde Gräfelfing nur das Nötigste veranlassen und bis 2024 über die Zukunft beider Gebäude entscheiden

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Gaststätte Lochhamer's El Diablo im Gräfelfinger Ortsteil Lochham ist in miserablem Zustand: Feuchtigkeit, Schimmel, marode Elektrik und verstopfte Toiletten machen das gemeindeeigene Gebäude zu einem Sanierungsfall. Die Reparaturen und Erneuerungen von Küche, Kühlung und Toiletten würden sich auf rund 1,5 Millionen Euro belaufen. Beim direkt gegenüberliegenden Jugendhaus "Freizi" stehen auch hohe Kosten an: Brandschutzauflagen zwingen die Gemeinde zu Investitionen in den alten Bauernhof. In beiden Fällen soll nun erst einmal das Nötigste nachgebessert werden, entschied der Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung. Eine gewagte Idee für eine langfristige Lösung wurde dabei auch in den Raum gestellt: beide Gebäude abreißen und neu bauen.

Die Mängelliste der Gaststätte Lochhamer's lässt die Frage aufkommen, wie dort ein Gaststättenbetrieb überhaupt noch möglich ist. Der Kühlbereich stelle das größte Problem dar, sagte Claudia Haberl, die als Architektin eine Bestandsaufnahme gemacht hat. Die Probleme gingen auf eine fehlerhafte Ausführung im Jahr 1998 zurück, stellte sie fest. Aufgrund mangelnder Isolierung bilde sich Feuchtigkeit an den Wänden und immer wieder Schimmel, in den Lichtschaltern bilde sich Eis, die Kühlung lasse man rund um die Uhr auf minus elf Grad Celsius laufen, um die Feuchtigkeit im Griff zu behalten. Alle ein bis drei Monate seien Malerarbeiten nötig, um die Auflagen des Gesundheitsamts einzuhalten. Zudem sei die Elektrik kaputt, eine Spülerin habe bereits einen Stromschlag erlitten. Damit nicht genug: Die Toiletten seien immer wieder verstopft, es bildeten sich unangenehme Gerüche, das Dach sei undicht, der Gastraum zugig. Da sich die Hauptprobleme alle auf den Anbau mit Küche, Kühlung und sanitären Anlagen konzentrieren, schlug Haberl vor, diesen komplett abzureißen und neu zu bauen. Die Kosten würden rund 1,5 Millionen Euro ausmachen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte man dann den Altbau mit dem Gastraum sanieren. Als Alternative schlug sie vor, vorerst nur die Kühlung zu erneuern, um den Gaststättenbetrieb aufrechterhalten zu können.

Gräfelfing: So schön das Gebäude auch von außen aussieht - im Inneren ist die gemeindeeigene Gaststätte Lochhamer's in einem maroden Zustand.

So schön das Gebäude auch von außen aussieht - im Inneren ist die gemeindeeigene Gaststätte Lochhamer's in einem maroden Zustand.

(Foto: Stephan Rumpf)

Einen neuen Anbau zu errichten, traf bei den Gemeinderäten nicht auf Zustimmung. Einen Millionenbetrag in eine marode Bausubstanz zu investieren, schien den Räten Jörg Scholler (FDP) und Walter Frank (CSU) nicht sinnvoll. Bauberater Bertold Ziersch empfahl, zunächst eine Grundsatzentscheidung zu treffen, ob die Gaststätte "als Kleinod" erhalten oder möglicherweise auch abgerissen und komplett neu gebaut werden solle. Bei einer Neugestaltung könnten dann ein deutlich größeres Gebäude an der Stelle entstehen und zusätzliche Wohnungen geschaffen werden. Diese Idee ebnete den Weg für einen einstimmigen Beschluss: Die nötigsten Reparaturen werden sofort veranlasst, die Kühlung wird abgerissen und durch einen Container ersetzt. Bis 2024 - dann läuft der Pachtvertrag spätestens aus - will das Gremium ein städtebauliches Konzept für das Areal erarbeiten.

Kaum weniger Probleme bereitet der Gemeinde das Jugendhaus. Fast 670 000 Euro muss die Gemeinde in Brandschutzmaßnahmen investieren. Ein Grund dafür ist, dass die Betreiber viele Räume ohne Rückfrage bei der Gemeinde einfach umgenutzt hätten, erklärte Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing). So seien viele Fenster verbaut, die Elektroinstallation verändert, Gruppenräume würden als Disco genutzt. Was fehle, seien zugängliche Notausgänge, legte Architektin Haberl dar.

Gräfelfing: Im Jugendhaus "Freizi" hapert es vor allem am Brandschutz, der allein mit rund 670.000 Euro zu Buche schlagen könnte.

Im Jugendhaus "Freizi" hapert es vor allem am Brandschutz, der allein mit rund 670.000 Euro zu Buche schlagen könnte.

(Foto: Stephan Rumpf)

Laut der Feuerwehr sind zunächst Sofortmaßnahmen in Höhe von rund 200 000 Euro umzusetzen. Weil der alte Hof an der Würm direkt gegenüber der maroden Gaststätte liegt, brachte Bauberater Ziersch die Idee auf, ein Gesamtkonzept für beide Areale zu erstellen und beim Freizi ebenfalls einen Abriss und Neubau zu erwägen. Auch auf dem Freizi-Grundstück könnte man größer und höher bauen. Doch anders als bei der Gaststätte Lochhamer's lehnte Bürgermeisterin Uta Wüst diese Idee rundherum ab. "Dann verändern wir Alt-Lochham sehr. Das würde ich nicht wollen, und die Frage ist, ob der Bürger das will."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: